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Zivilschutz: Uniklinik Würzburg führt Notfallübung mit der Bundeswehr durch

Über 60 Personen beteiligt / Szenario: Versorgung nach radionuklearer Schadenslage

Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl

Würzburg. Wie funktionieren die Abläufe am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), wenn ein Patient versorgt werden muss, der Radioaktivität ausgesetzt war? Dieses Szenario wurde nun an der Uniklinik gemeinsam mit der Bundeswehr bei einer aufwändigen Notfallübung geprobt. Die Klinik für Nuklearmedizin des UKW ist regionales Strahlenschutzzentrum und auf die Versorgung solcher Patienten vorbereitet.

„Dabei geht es natürlich um die optimale Versorgung der Patienten, aber auch um den Schutz der Mitarbeitenden und der übrigen Patienten vor einer möglichen Strahlengefährdung. Solche Patienten können zu uns kommen infolge eines Unfalls oder auch nach einem Anschlagsszenario wie einer „schmutzigen“ Bombe oder bei Nuklearwaffeneinsatz. Gerade hier nehmen wir als Strahlenschutzzentrum eine wichtige Rolle im Zivilschutz ein. Mit der Übung konnten wir die Abläufe realitätsnah trainieren“, erklärt Prof. Dr. Andreas Buck, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am UKW. Der Übungspatient wurde von Prof. Dr. Matthias Port, Oberstarzt der Bundeswehr und Mitarbeitenden des Instituts für Radiobiologie der Bundeswehr an das UKW gebracht.

Dekontamination und Schutz des Personals

Am UKW wurden dann die erforderlichen Schritte geprobt, die bei einem solchen Fall nötig sind: Die Dekontamination des Patienten, das Anlegen der Schutzkleidung des Klinikpersonals, die exakte Messung der Strahlenbelastung und die anschließende operative Versorgung. Rund 60 Personen waren an der mehrstündigen Übung Mitte März beteiligt. „Das Vorhalten der räumlichen und technischen Infrastruktur ist eine Ebene. Ebenso wichtig ist interdisziplinäre Zusammenarbeit in einem solchen Fall. Hier kommt es auf strukturierte Kommunikation verschiedener Bereiche an. Vieles hat sehr gut geklappt, an manchen Stellen konnten wir wertvolle Erfahrungen für einen möglichen Ernstfall sammeln. Dafür danke ich allen, die an dieser Übung mitgewirkt haben“, so Prof. Buck.

Unikliniken sind wichtige Säule des Zivilschutzes

Die Klinik für Nuklearmedizin des UKW ist nicht nur regionales Strahlenschutzzentrum, sie ist auch Kollaborationszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Eine der Kernaufgaben in dieser Funktion ist es dabei, die Vorsorge und das Management radiologischer und nuklearer Unfälle medizinisch fachlich zu unterstützen. Prof. Buck: „Im Rahmen des Zivilschutzes, der richtigerweise jetzt auch wieder stärker in den politischen Blick genommen wird, übernehmen speziell Universitätskliniken ganz wesentliche Aufgaben in einem Krisenfall. Das hat diese Notfallübung bei uns am UKW nochmals deutlich gemacht.“

Alarmpläne erfolgreich getestet

Das UKW nutzte die Gelegenheit zudem, die übergeordneten Alarm- und Einsatzpläne zu proben. PD Dr. Tim von Oertzen, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKW: „Solche Übungen schaffen Sicherheit und sie verbessern die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Klinikbereichen und Arbeitsebenen an unserem Klinikum. Das hat auch diese Übung nochmals deutlich gezeigt. Als Klinik der Maximalversorgung gehört es zu unseren Aufgaben, sich auf solche Szenarios vorzubereiten. Dabei können wir auf die große Kompetenz am UKW bauen.“

Es war die erste Übung mit diesem Szenario. Regelmäßig beteiligt sich das UKW auch an Übungen mit den Einsatzkräften der Region und führt gezielte Trainings durch. Seit dem Wintersemester 2024/25 haben Medizinstudierende in Würzburg zudem die Möglichkeit, das neu eingeführte Wahlfach „Katastrophenmedizin“ zu belegen. 
 

Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl

In der Dosis liegt die Wirkung

HEISENBERG-PROFESSUR „MULTIMODALE BILDGEBUNG UND THERANOSTIK“ FÜR DEN PHYSIKER JOHANNES TRAN-GIA

Johannes Tran-Gia, Physiker in der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW), ist zum Universitätsprofessor für „Multimodale Bildgebung und Theranostik“ an der Universität Würzburg ernannt worden. Seine Professur wird in den ersten fünf Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Heisenberg-Programms gefördert. Im Heisenberg-Projekt beschäftigt sich der 40-jährige Physiker mit der „Bildgebungsbasierten Individualisierung der Knochenmarkdosimetrie für Radionuklidtherapien“. Mit neuen bildgebenden Verfahren will er die Strahlenexposition im Knochenmark genauer bestimmen und so die Radionuklidtherapie personalisieren - für maximale Wirkung bei minimalen Nebenwirkungen.

 

Porträt von Johannes Tran-Gia in der Nuklearmedizin
Johannes Tran-Gia, Physiker in der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW), erhält von der DFG geförderte Heisenberg-Professur für „Multimodale Bildgebung und Theranostik“. © Daniel Peter / UKW
Johannes Tran-Gia hält in der Hand ein 3D-gedrucktes Modell der Lendenwirbelsäule, zeigt mit der anderen Hand darauf und schaut seine Kollegin links im Bild an.
Durch Messungen an 3D-Modellen wie hier der Lendenwirbelsäule, die Johannes Tran-Gia mit seinem Team im 3D-Drucklabor selbst herstellt, werden die speziellen multimodalen Bildgebungsverfahren validiert. Dazu wird das so genannte Phantom mit radioaktiver Lösung befüllt. © Daniel Peter / UKW
Arbeitsgruppe von Johannes Tran-Gia posiert im Flur des UKW - alle bis auf Tran-Gia tragen weiße Kittel
AG Tran-Gia, v.l.n.r.: Maikol Salas Ramirez, Amelie Gehring, Samira Kamrani, Junnan Bao, Anna-Lena Theisen, Lenka Vávrová, Johannes Tran-Gia. © Daniel Peter / UKW
Johannes Tran-Gia zwischen seinen Kolleginnen vor einem 3D-Druckgerät.
Johannes Tran-Gia mit seinen Mitarbeiterinnen Amelie Gehring (links) und Anna-Lena Theisen im 3D-Drucklabor. © Daniel Peter / UKW
3D-gedruckter Lendenwirbel im Formlabs Cure
In der UV-Kammer härtet der 3D-gedruckte Lendenwirbelkörpers aus. © Daniel Peter / UKW
Hier wird an vier Figuren beschrieben, wie die Radionuklidtherapie funktioniert. Injektion eines Radiopharmakons, Verteilung im Körper, Ausscheidung über Niere und Blase und spezifischer Uptake im Tumor, sowie therapeutische Strahlenexposition (nur der Tumor leuchtet im Körper).

Würzburg. In der Schule fielen ihm vor allem Fächer wie Mathematik und Physik leicht. Auch Journalismus hätte ihn interessiert. Aber da brauche man Ellenbogen, um sich durchzusetzen, wurde er gewarnt. Also studierte Johannes Tran-Gia Physik. „Physiker denken analytisch wie Mathematiker, aber sie sind etwas praktischer und flexibler in der Anwendung. Und in der Physik gehen die Leute insgesamt sehr nett miteinander um“, begründet Johannes Tran-Gia seine Studienwahl. Rund 20 Jahre später hat der Würzburger neben einer eigenen Familie mit zwei Kindern einen Master und ein Diplom in Physik, ist promoviert und Privatdozent und seit kurzem Professor. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für fünf Jahre geförderte Heisenberg-Professur trägt den Titel „Multimodale Bildgebung und Theranostik“ und soll den Weg zu einer Lebenszeitprofessur ebnen, sehr zur Freude der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Uniklinikum Würzburg (UKW). Denn der Bereich der Theranostik, der durch diese Professur gestärkt wird, hat das Potenzial, die Nuklearmedizin zu revolutionieren und eine präzisere und personalisierte Behandlung von Krebs zu ermöglichen. 

Theranostik – Therapie und Diagnostik: Der Unterschied liegt in der Art der verwendeten Radionuklide und der Dosis 

Unter Theranostik (siehe auch Info-Kasten) versteht man die Kombination diagnostischer und therapeutischer Verfahren. In der Nuklearmedizin werden dazu radioaktiv markierte Arzneimittel sowohl zur Bildgebung als auch zur gezielten Therapie derselben Erkrankung beziehungsweise Pathologie eingesetzt. Der Unterschied liegt in der Art der verwendeten Radionuklide und der Dosis. In der Diagnostik werden kurzlebige Radionuklide genutzt, die eine schwache Strahlung aussenden. Diese Strahlung kann mit speziellen Kameras sichtbar gemacht werden, um damit Stoffwechselvorgänge und Funktionsstörungen im Körper zu visualisieren. In der Therapie hingegen werden langlebigere Radionuklide verwendet, die eine hochenergetische Strahlung aussenden. Diese Strahlung zerstört gezielt erkranktes Gewebe wie Tumorzellen, während das umliegende Gewebe weitgehend geschont wird.

Dosimetrie: Bestimmung und Bewertung der Energiedosis, um Wirksamkeit zu maximieren und Nebenwirkungen zu minimieren

Doch welche Dosierung des radioaktiven Arzneimittels ist die richtige, um eine maximale therapeutische Wirkung bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Dosimetrie, ein wesentlicher Bestandteil bei der Einführung neuer Radionuklidtherapien und ein Forschungsschwerpunkt der Würzburger Nuklearmedizin. „Wie hoch kann ich mit der therapeutischen Aktivität gehen? Nachdem zuvor die Radiochemie die Hauptarbeit in der Entwicklung eines Radiopharmakons hatte, kommt hier die Physik ins Spiel“, so Johannes Tran-Gia, der auch im entsprechenden Ausschuss (Dosimetry Committee) der europäischen Fachgesellschaft für Nuklearmedizin (European Association of Nuclear Medicine, EANM) aktiv ist. Er setzt damit das fort, was Prof. Dr. Michael Laßmann während seiner langjährigen Tätigkeit als Leiter der Medizinischen Physik der Würzburger Nuklearmedizin begonnen hat. In seinem Heisenberg-Projekt geht es denn auch konkret um die „bildgebungsbasierte Individualisierung der Knochenmarkdosimetrie für Radionuklidtherapien“. Durch den Einsatz bildgebender Verfahren soll die Energiedosis für jede Patientin und jeden Patienten individuell bestimmt werden. Dadurch soll künftig die Therapieaktivität personalisiert und somit die Therapie noch wirksamer und schonender gestaltet werden. 

Mit neuen bildgebenden Verfahren die Energiedosis im roten Knochenmark genauer bestimmen

Das rote Knochenmark ist eines der Hauptrisikoorgane vieler Radionuklidtherapien, da es aufgrund der hohen Zellteilungsrate besonders strahlenempfindlich ist. Seine Schädigung kann zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen, zum Beispiel Blutarmut durch Mangel an roten Blutkörperchen, Immunschwäche durch Mangel an weißen Blutkörperchen und Blutungsneigung durch Mangel an Blutplättchen. Die Messung der Energiedosis auf das rote Knochenmark ist laut Tran-Gia jedoch besonders schwierig, da nicht die Aktivität im gesamten Knochenmark, sondern gezielt im blutbildenden roten Knochenmark bestimmt werden muss. „Deshalb haben wir spezielle multimodale Bildgebungsverfahren wie dedizierte Magnetresonanztomographie- oder CT-Techniken entwickelt, um den Fett-, Wasser und Knochenanteil im Knochenmark zu bestimmen und so die für die Berechnung der Energiedosis relevante Masse des roten Knochenmarks zu quantifizieren“, sagt Tran-Gia. Validiert werden die Verfahren durch Messungen an 3D-Modellen, die er mit seinem Team im 3D-Drucklabor selbst herstellt. „Mit unseren neuen bildgebenden Verfahren können wir die Verteilung der radioaktiven Substanzen im Körper genauer verfolgen und so die Dosis auf das rote Knochenmark präziser bestimmen“, ergänzt Tran-Gia. Parallel dazu arbeitet er daran, die Bildgebung mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zu beschleunigen, um diese in der klinischen Routine effizienter einsetzen zu können. Die Verbesserung dieser Bildgebung war auch das Thema seiner Habilitation. In Zusammenarbeit mit dem National Physics Laboratory in Großbritannien und führenden europäischen Kliniken hat er zudem ein Standardisierungsverfahren für die quantitative Bildgebung in der Dosimetrie entwickelt, um sowohl europaweit als auch weltweit vergleichbare Messergebnisse zu gewährleisten (publiziert in EJNMMI Physics DOI: 10.1186/s40658-021-00397-0).

Prätherapeutische Dosimetrie: Der erste Schritt zur personalisierten Radionuklidtherapie

Auch die Nieren spielen eine wichtige Rolle bei der Dosimetrie, da die meisten radioaktiven Arzneimittel über die Niere ausgeschieden werden und diese daher besonders belastet sind. Derzeit werden die meisten Radionuklidtherapien jedoch mit einer Standarddosierung verabreicht, ohne Rücksicht auf individuelle Unterschiede. „Das bedeutet, dass ein 150 Kilo schwerer Holzfäller die gleiche Therapieaktivität erhält wie eine 50 Kilo leichte zierliche ältere Dame, obwohl ihre Stoffwechsel ganz unterschiedlich sind“, erläutert Johannes Tran-Gia. Das habe zur Konsequenz, dass man das Risiko in Kauf nimmt, neun von zehn Patientinnen und Patienten zu unterdosieren, um eine Person mit einem niedrigeren Stoffwechsel zu schützen. Prätherapeutische Dosimetrie könnte hier Abhilfe schaffen: Durch eine Voruntersuchung ließe sich bestimmen, welcher Strahlenexposition die Nieren des einzelnen Patienten tatsächlich ausgesetzt wären. So könnte die therapeutische Aktivität oder die Anzahl der Therapiezyklen individuell angepasst werden. Diese Voruntersuchungen, die ein erster Schritt auf dem Weg zur personalisierten Radionuklidtherapie wären, werden derzeit jedoch nicht von den Krankenkassen finanziert. 

„Es findet gerade ein großer Umbruch statt, den ich mitgestalten kann“

Die individualisierte Radionuklidtherapie gewinnt zunehmend an Bedeutung – nicht zuletzt angesichts der weltweit steigenden Zahl diagnostizierter Krebserkrankungen und den damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen. „Hier werden wir in den nächsten Jahren große Fortschritte sehen“, ist sich Johannes Tran-Gia sicher. Ein besonders relevantes Anwendungsfeld ist das Prostatakarzinom, an dem jeder vierte Mann im Laufe seines Lebens erkrankt. In Deutschland ist es nach Lungenkrebs die zweithäufigste zum Tode führende Krebserkrankung bei Männern. „Das Krankheitsbild hat daher eine enorme Relevanz und einen riesigen Markt“, erklärt Tran-Gia. 

Deutschland nimmt bei der Dosimetrie der Radionuklidtherapie eine führende Rolle ein, da Patientinnen und Patienten aus strahlenschutzrechtlichen Gründen während der Behandlung mindestens zwei Tage stationär bleiben müssen. „In dieser Zeit können wir viele der für die Dosimetrie wichtigen Messungen durchführen. Unser Ziel ist es, die Energiedosis in Risikoorganen wie den Nieren künftig im Arztbrief zu dokumentieren. Dadurch könnten retrospektiv Korrelationen zwischen Energiedosis und Nebenwirkungen hergestellt werden. Im Idealfall kommen dann noch weitere Parameter wie Geschlecht, Lebensstil und klinische Daten hinzu, so dass man eines Tages vielleicht sogar vorhersagen kann, wie empfindlich Menschen mit einer bestimmten Vorgeschichte auf die Strahlung reagieren, beispielsweise ob sie Raucher waren oder übergewichtig,“ erklärt Tran-Gia. Positiv für sein Forschungsfeld bewertet Johannes Tran-Gia auch, dass Deutschland durch das Medizinforschungsbeschleunigungsgesetz die Zulassung von Radionuklidtherapien erleichtern und bürokratische Hürden abbauen will. 

„Es findet gerade ein großer Umbruch statt, den ich mitgestalten kann“, freut sich Tran-Gia. Die Professur in Würzburg sei für ihn wie ein Sechser im Lotto. Er brenne für diese Forschung, die viel Potenzial habe, sehr interdisziplinär sei und zudem sehr nah am Patienten.

Werdegang von Johannes Tran-Gia

Johannes Tran-Gia wurde 1984 in Stuttgart geboren. Nach einer Zwischenstation in Zürich zog seine Familie noch im Kindergartenalter nach Würzburg, wo sein Vater, der 2023 verstorbene Phuoc Tran-Gia, einen Ruf auf den Lehrstuhl für Informatik III „Kommunikationsnetze“ annahm. Phuoc Tran-Gia war ein herausragender, international renommierter Wissenschaftler, der zwei Jahre Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik und drei Jahre Vizepräsident der Julius-Maximilians-Universität Würzburg gewesen war und 2020 zum Ehrenbürger ernannt wurde. Durch dessen Forschungs- und Lehrtätigkeit und zahlreiche Auslandsaufenthalte lernte Johannes Tran-Gia schon früh den Wissenschaftsbetrieb kennen. Er studierte Physik in Würzburg und Edinburgh, machte seinen Master in Schottland und später sein Diplom in Würzburg. Nach einer zehnmonatigen Weltreise promovierte er am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des UKW mit einem durch die Exzellenzinitiative geförderten Stipendium der Graduate School of Life Sciences (GSLS) zum Thema „Modellbasierte Rekonstruktionsmethoden für die MR-Relaxometrie“. Besonders gefielen ihm die medizinischen und praktischen Aspekte seiner Arbeit. Während seiner Promotionszeit und darüber hinaus baute er am UKW sowie auf zahlreichen Dienstreisen ein breites Netzwerk an Kooperationen auf und forschte unter anderem ein halbes Jahr lang als Postdoc an der Case Western Reserve University in Cleveland, USA. Zurück in Würzburg spezialisierte sich Johannes Tran-Gia als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Nuklearmedizin und schloss die Weiterbildung zum Medizinphysik-Experten (MPE) ab. Anschließend habilitierte er sich in der Arbeitsgruppe „Medizinische Physik“. Mit Wirkung zum 20.12.2024 wurde Johannes Tran-Gia zum W2-Universitätsprofessor für „Multimodale Bildgebung und Theranostik“ an der Universität Würzburg ernannt – zunächst für die Dauer von fünf Jahren.

Was ist Theranostik
Theranostik setzt sich aus den Wörtern Therapie und Diagnostik zusammen. Sie kombiniert die Spezifität der molekularen Zielerkennung mit der therapeutischen Wirksamkeit von Strahlung. Der Unterschied zwischen Diagnostik und Therapie mit radioaktiven Substanzen liegt in der Art der verwendeten Radionuklide. Um festzustellen, wo und wie sich Krebszellen im Körper verteilen, wird ein radioaktives Arzneimittel mit einem Isotop schwach ionisierender Strahlung injiziert. Dieses gibt so genannte Gammastrahlung ab, die den Körper nahezu ungehindert durchdringt und mit bildgebenden Verfahren wie SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography) oder PET (Positronen-Emissions-Tomographie) von außen nachgewiesen werden kann. Die radioaktive Substanz wird an ein spezifisches Trägermolekül (Pharmakon) gebunden, das gezielt Krebszellen anhand ihrer charakteristischen Zielstrukturen wie Rezeptoren, Proteinen oder Antigenen erkennt und dort bindet. Nach der Verabreichung des so genannten Tracers verteilt sich das Radiopharmakon im Körper und reichert sich im Tumorgewebe an. Sobald der Tracer zerfällt und ausgeschieden wird, bleibt nur noch der so genannte spezifische Uptake in den Krebszellen sichtbar. Bei der Diagnostik ist die Strahlenexposition sehr gering und laut Johannes Tran-Gia vergleichbar mit der eines Vielfliegers. Bei der Radionuklidtherapie werden die Trägermoleküle mit Radionukliden markiert, die Beta- oder Alphateilchen abgeben. Diese Teilchenstrahlung hat eine sehr geringe Reichweite und induziert lokal Strahlenschäden, wodurch Tumorgewebe gezielt zerstört werden kann, während das umliegende Gewebe weitgehend geschont wird.

Text: KL / Wissenschaftskommunikation 
 

Porträt von Johannes Tran-Gia in der Nuklearmedizin
Johannes Tran-Gia, Physiker in der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW), erhält von der DFG geförderte Heisenberg-Professur für „Multimodale Bildgebung und Theranostik“. © Daniel Peter / UKW
Johannes Tran-Gia hält in der Hand ein 3D-gedrucktes Modell der Lendenwirbelsäule, zeigt mit der anderen Hand darauf und schaut seine Kollegin links im Bild an.
Durch Messungen an 3D-Modellen wie hier der Lendenwirbelsäule, die Johannes Tran-Gia mit seinem Team im 3D-Drucklabor selbst herstellt, werden die speziellen multimodalen Bildgebungsverfahren validiert. Dazu wird das so genannte Phantom mit radioaktiver Lösung befüllt. © Daniel Peter / UKW
Arbeitsgruppe von Johannes Tran-Gia posiert im Flur des UKW - alle bis auf Tran-Gia tragen weiße Kittel
AG Tran-Gia, v.l.n.r.: Maikol Salas Ramirez, Amelie Gehring, Samira Kamrani, Junnan Bao, Anna-Lena Theisen, Lenka Vávrová, Johannes Tran-Gia. © Daniel Peter / UKW
Johannes Tran-Gia zwischen seinen Kolleginnen vor einem 3D-Druckgerät.
Johannes Tran-Gia mit seinen Mitarbeiterinnen Amelie Gehring (links) und Anna-Lena Theisen im 3D-Drucklabor. © Daniel Peter / UKW
3D-gedruckter Lendenwirbel im Formlabs Cure
In der UV-Kammer härtet der 3D-gedruckte Lendenwirbelkörpers aus. © Daniel Peter / UKW
Hier wird an vier Figuren beschrieben, wie die Radionuklidtherapie funktioniert. Injektion eines Radiopharmakons, Verteilung im Körper, Ausscheidung über Niere und Blase und spezifischer Uptake im Tumor, sowie therapeutische Strahlenexposition (nur der Tumor leuchtet im Körper).

Der Verein „Medizinische Hilfe für Tschernobylkinder“ beendet seine Tätigkeit

Der am Uniklinikum Würzburg angesiedelte Verein „Medizinische Hilfe für Tschernobylkinder“ hat sich zum Mai 2024 aufgelöst. Ein Rückblick auf seine Entstehungsgeschichte und die in 28 Jahren bei der Behandlung von kindlichem Schilddrüsenkrebs erzielten Erfolge.

Prof. Reiners und junger Patient mit Mutter
Prof. Dr. Christoph Reiners vom Verein „Medizinische Hilfe für Tschernobylkinder“ Anfang der 2000er Jahre mit einem jungen Patienten und dessen Mutter. Bild: Johannes Biko / UKW

Würzburg. Auf Initiative des Nuklearmediziners Prof. Dr. Christoph Reiners wurde im Mai 1996 am Uniklinikum Würzburg (UKW) der gemeinnützige Verein „Medizinische Hilfe für Tschernobylkinder“ gegründet. Dessen Ziel war es, in Folge der Nuklearkatastrophe von 1986 an Schilddrüsenkrebs erkrankten Kindern eine möglichst gute Therapie und Nachsorge zu bieten. Anfang Mai dieses Jahres löste sich der Verein auf. Als Begründung für diesen Schritt führt Reiners, Vereinsvorstandsvorsitzender und bis 2010 Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des UKW, an: „Zum einen konnte mit unserer Unterstützung in Belarus – früher als Weißrussland bezeichnet – eine adäquate lebenslange Nachsorge der mittlerweile erwachsenen Patientinnen und Patienten aufgebaut werden, so dass ausländische Hilfe nicht mehr zwingend erforderlich ist. Zum anderen haben wir in den letzten Jahren durch Tod oder politisch motivierte Auswanderung viele unserer jahrelangen Kooperationspartnerinnen und -partner in der belarussischen Hauptstadt Minsk verloren.“ Das Vereinsende ist Anlass, auf die Hintergründe, Maßnahmen und Ergebnisse des grenzüberschreitenden Hilfsangebots zurückzublicken.

Gehäuftes Auftreten von Schilddrüsenkrebs bei Kindern und Jugendlichen

Bei der Atomreaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl wurden große Mengen an radioaktivem Jod freigesetzt, die vorwiegend mit dem Wind nach Belarus verbracht wurden. Aufgenommen über die Atemwege und die Nahrung, reicherte es sich bei den Menschen in der Schilddrüse an. Bei Kindern ist das Organ deutlich strahlenempfindlicher als bei Erwachsenen. Deshalb kam es in den Folgejahren des Unglücks in Belarus zu einem gehäuften Auftreten von Schilddrüsenkrebs bei Kindern und Jugendlichen in den benachbarten Regionen des grenznahen Tschernobyl. Zwischen 1986 und 2000 erkrankten über 1.000 Kinder und Jugendliche an Schilddrüsenkarzinom. Neben dem Befall der Hormondrüse selbst besteht bei Kindern zudem ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Fernmetastasen in der Lunge.

Bedingt durch den mittlerweile stattgefundenen radioaktiven Zerfall des bei dem Unglück 1986 ausgebrachten strahlenden Jods sind heutige Kinder vollkommen unbetroffen. „Nur die Menschen, die damals Kinder waren und deren Schilddrüsen das radioaktive Jod aufgenommen haben, leben mit einem – mit dem Alter abnehmenden – erhöhten Risiko, auch als Erwachsene noch an Schilddrüsenkrebs zu erkranken“, verdeutlicht Reiners.

Therapieweg und Nachsorgeaufwand

Zur optimalen Behandlung der Krebserkrankung muss die Schilddrüse komplett operativ entfernt werden. Häufig schließt sich eine Radiojodtherapie an, um eventuelle verbleibende Schilddrüsenzellen oder Metastasen zu zerstören. Einen besonderen Stellenwert hat nach den Worten von Prof. Reiners zudem die lebenslange hormonelle Nachsorge. Da die Schilddrüse Thyroxin produziert, müssen Patientinnen und Patienten, denen die Schilddrüse entfernt wurde, dieses Hormon dauerhaft in Tablettenform einnehmen. Um die richtige Dosis zu ermitteln und im Verlauf anzupassen, sind regelmäßige Blutuntersuchungen notwendig. „Die hormonellen Veränderungen der Pubertät erfordern eine besonders intensive Kontrolle und Nachjustierung“, unterstreicht der Nuklearmediziner.

Wie kam es zur Vereinsgründung?

Die Initialzündung für die Entwicklung eines deutschen Vereins war Zufall: 1992 begegnete Christoph Reiners – damals noch als Professor für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Essen – auf dem dortigen Krankenhausgelände einer belarussischen Mutter mit ihrem an Schilddrüsenkrebs erkrankten siebenjährigen Sohn. Da die Ärzte in der Heimat dem Jungen nur noch drei Monate zu leben gegeben hatten, suchte sie verzweifelt nach einem Experten für eine weitere Behandlung. „Dieser erste Patient war für mich der Beweis, dass es in Belarus nach Tschernobyl ein Problem mit Schilddrüsenkarzinom gab – eine Tatsache, die die medizinische Weltöffentlichkeit damals noch nicht ausreichend zu Kenntnis genommen hatte“, beschreibt Reiners. Ein paar Monate später reiste er mit einer internationalen Delegation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Belarus und konnte sich vor Ort ein Bild machen. Es zeigte sich, dass im Land für die erkrankten Kinder keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten bestanden. Um hier weiterzuhelfen, rief der engagierte Arzt schließlich den Verein „Medizinische Hilfe für Tschernobylkinder e.V.“ ins Leben.

Die Leistungen des Vereins

Bei weiteren, rund 20 Reisen nach Belarus und mit vielen Treffen mit internationalen Kolleginnen und Kollegen trug Prof. Reiners dazu bei, die nötigen Behandlungskonzepte zu entwickeln. Außerdem sammelte er zusammen mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern mehrere Millionen Euro, die in Belarus in Behandlungseinrichtungen und gemeinsame Forschungsprojekte flossen.

Für eine optimale Therapie und Verlaufskontrolle war es allerdings anfänglich über mehrere Jahre hinweg erforderlich, Kinder mit besonders fortgeschrittenem Schilddrüsenkrebs ans UKW zu holen. 250 Kinder konnten dort bei insgesamt 1000 einwöchigen Aufenthalten erfolgreich behandelt werden. „Die für alle diese Kinder lebensrettenden Therapieergebnisse beruhen auf einer hervorragenden Teamleistung“, betont Prof. Reiners und präzisiert: „So konnten wir beispielsweise bei der Problematik der Lungenmetastasen auf die Sachkompetenz von Prof. Dr. Helge Hebestreit, dem Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Pneumologie am UKW, zugreifen. Ein weiterer Glücksgriff – gerade für die Kommunikation mit den Kindern, deren Angehörigen und den Institutionen in Belarus – war die Einstellung des tadschikischen, deutschstämmigen Arztes Dr. Johannes Biko an der Würzburger Universitäts-Klinik für Nuklearmedizin.“

Im Jahr 2011 zeichnete sich ab, dass mit großzügiger finanzieller Unterstützung der EU zwei neu eingerichtete Zentren in Minsk und der zweitgrößten belarussischen Stadt Gomel künftig in der Lage sein würden, die Radiojod-Behandlung nach dem Würzburger Konzept durchzuführen. Allerdings bestanden zu jenem Zeitpunkt im belarussischen Gesundheitssystem noch massive Defizite bei der hormonellen Nachsorge der mittlerweile erwachsenen „Tschernobylkinder“. Deshalb kaufte der Verein in jenem Jahr im Stadtzentrum von Minsk eine Wohnung, die zu einer kleinen Ambulanz mit Übernachtungsmöglichkeit umgebaut wurde. Vom Verein mit einfachen Medizingeräten und einem gebrauchten Laborautomaten für Hormonanalysen ausgestattet, konnten dort nun schwerpunktmäßig junge Frauen mit Kinderwunsch oder bereits Schwangere beraten und mit Arzneimittelspenden aus Deutschland versorgt werden. „Ein besonders schönes Feedback der vergangenen Jahre zu unserer Arbeit waren weit über 200 Geburtsanzeigen, Babyfotos und Mitteilungen über gesunde Nachkommen. Zugeschickt wurden sie von unseren ehemaligen Kinderpatientinnen und -patienten, jetzt selbst dankbare Eltern“, merkt Prof. Reiners an.

Ein großer Dank für die breite Unterstützung

Anlässlich der Auflösung des Vereins dankt der Vorstandsvorsitzende neben den Vereinsmitgliedern und den an der Behandlung der Tschernobylkinder beteiligten UKW-Beschäftigten vor allem auch den zahlreichen Sponsoren. Mit ihren Spenden, viele in Verbindung mit Benefizaktionen des Vereins, machten sie nach seinen Worten die erfolgreiche Arbeit in den vergangenen 28 Jahren überhaupt erst möglich.

 

Text: Pressestelle / UKW

 

Prof. Reiners und junger Patient mit Mutter
Prof. Dr. Christoph Reiners vom Verein „Medizinische Hilfe für Tschernobylkinder“ Anfang der 2000er Jahre mit einem jungen Patienten und dessen Mutter. Bild: Johannes Biko / UKW

Schilddrüsentag 2024

Am 12. Oktober veranstaltet das Uniklinikum Würzburg von 10 bis 14 Uhr den Schilddrüsentag 2024.

Die Veranstaltung ist kostenfrei. Von 12:00 – 14:00 Uhr bieten wir Ihnen kostenfreie Schilddrüsen-Ultraschalluntersuchungen an.

Anmeldung bitte bis spätestens 30.09.2024 an: 
Gabriele Nelkenstock
Selbsthilfebeauftragte, Universitätsklinikum Würzburg
E-Mail: selbsthilfe@ ukw.de

Das Uniklinikum Würzburg macht mit beim Würzburger Gesundheitstag

Am 4. Mai 2024 findet wieder der Würzburger Gesundheitstag statt. Das Uniklinikum Würzburg ist erneut mit einem umfangreichen Informationsangebot dabei.

Infostände beim Gesundheitstag
Wie beim letzten Gesundheitstag in 2022 wird das Uniklinikum Würzburg auch in diesem Jahr wieder auf dem Oberen Markt diverse Themen aus Therapie, Forschung, Prävention und Selbsthilfe präsentieren. Bild: UKW / Susanne Just

Würzburg. Am Samstag, den 4. Mai 2024 veranstaltet das Aktivbüro der Stadt Würzburg den 13. Würzburger Gesundheitstag. Wie von der alle zwei Jahre stattfindenden Aktion gewohnt, werden erneut Anbieter aus dem professionellen Gesundheitsbereich, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen in der Innenstadt informieren, beraten und unterhalten.

Das Uniklinikum Würzburg (UKW) beteiligt sich mit insgesamt fünf Infoständen am Oberen Markt.
Dabei stellt die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin aktuelle, auf verschiedene Krebserkrankungen zugeschnittene Therapien vor, während sich die Medizinische Klinik I und das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) Herzrhythmusstörungen und erblichen Herzerkrankungen widmen. Einen gemeinsamen Auftritt haben auch das Zentrum für Psychische Gesundheit und das Bündnis gegen Depression. Ferner verdeutlicht die Interdisziplinäre Biomaterial- und Datenbank Würzburg (ibdw) ihre Leistungen für die (biomedizinische) Forschung. Am fünften Stand schließlich präsentiert das für seine Selbsthilfefreundlichkeit ausgezeichnete UKW seine enge Kooperation mit zahlreichen Selbsthilfegruppen.

Der Gesundheitstag geht von 10:00 bis 16:00 Uhr.

Infostände beim Gesundheitstag
Wie beim letzten Gesundheitstag in 2022 wird das Uniklinikum Würzburg auch in diesem Jahr wieder auf dem Oberen Markt diverse Themen aus Therapie, Forschung, Prävention und Selbsthilfe präsentieren. Bild: UKW / Susanne Just

Uniklinikum Würzburg: FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann zu Gast in der Nuklearmedizinischen Klinik

Prof. Dr. Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, informierte sich am Uniklinikum Würzburg auf Einladung des Kompetenznetzwerks nuklearonkologische Patientenversorgung über Möglichkeiten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der nuklearmedizinischen Forschung und Patientenversorgung.

Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann, eingerahmt von Magnus Fischer (links) und Prof. Dr. Andreas Buck sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Kompetenznetzwerks nuklearonkologische Patientenversorgung und des Uniklinikums Würzburg.
Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann (Bildmitte), eingerahmt von Magnus Fischer (links) und Prof. Dr. Andreas Buck sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Kompetenznetzwerks nuklearonkologische Patientenversorgung und des Uniklinikums Würzburg.
Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Buck (links) führte den Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Andrew Ullmann durch die Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg.
Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Buck (links) führte den Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Andrew Ullmann durch die Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg.
Beim Besuch am Uniklinikum Würzburg diskutierte Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion (links), unter anderem mit Magnus Fischer vom Kompetenznetzwerk nuklearonkologische Patientenversorgung.
Beim Besuch am Uniklinikum Würzburg diskutierte Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion (links), unter anderem mit Magnus Fischer vom Kompetenznetzwerk nuklearonkologische Patientenversorgung. Bilder (3): UKW / Helmuth Ziegler

Würzburg. Am 6. Juni dieses Jahres besuchte Prof. Dr. Andrew Ullmann, Bundestagsabgeordneter und gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW). Er folgte damit der Einladung des Kompetenznetzwerks nuklearonkologische Patientenversorgung. Das strukturoffene Expertennetzwerk wurde im Jahr 2021 von der Novartis Radiopharmaceuticals GmbH initiiert. Ziel ist es, den interdisziplinären Austausch von Ärztinnen und Ärzten, Patientenorganisationen sowie politischen Entscheiderinnen und Entscheidern in der nuklearmedizinischen Versorgung von onkologischen Patientinnen und Patienten in Deutschland zu verbessern.

Erfolgreicher Einsatz von Theranostik 

Prof. Dr. Andreas Buck, der Direktor der Nuklearmedizinischen Klinik des UKW, ist einer der Partner des Kompetenznetzwerks. Als Einstieg in das Treffen gab der renommierte Nuklearmediziner MdB Ullmann und Magnus Fischer als Vertreter des Kompetenznetzwerks einen Überblick über die aktuellen Möglichkeiten der Theranostik. Der Begriff verbindet die beiden Wörter Therapie und Diagnostik und weist darauf hin, dass sich in der Nuklearmedizin mit dem selben Wirkprinzip sowohl Krankheiten aufspüren, als auch behandeln lassen. „Wir setzen Theranostik unter anderem sehr erfolgreich bei Neuroendokrinen Tumoren, Prostatakarzinomen sowie Lymphomen und Leukämien ein“, berichtete der Klinikdirektor. Nach seinen Worten kommen für manche dieser patientenindividuellen, präzisionsmedizinischen Therapien Erkrankte aus aller Welt, beispielsweise sogar aus Japan, ans UKW.

Forschungs- und versorgungspolitische Rahmenbedingungen gestalten

Nach einem Rundgang durch die Nuklearmedizinische Klinik diskutierte die durch weitere Fachleute des UKW und des Kompetenzwerks bereicherte Runde Probleme des Fachgebiets, die sich aus den derzeitigen forschungs- und versorgungspolitischen Rahmenbedingungen ergeben. Eine der Fragen dabei war, wie die Abrechnungsmöglichkeiten für diagnostische Radiopharmaka in der ambulanten fachärztlichen Versorgung weiterentwickelt werden können. Hierzu sagte Prof. Ullmann: „Das Konzept von Theranostika ist relativ neu und innovativ. Deshalb muss das bestehende Abrechnungssystem überarbeitet werden, um es für Ärztinnen und Ärzte attraktiver zu machen, diese innovative Form der Therapie den Patientinnen und Patienten anbieten zu können. Dies könnte durch eine Anpassung der Gebührenordnung oder durch spezielle Vergütungsmodelle für innovative Therapieformen geschehen.“

Als weiteren Punkt widmete sich das Infogespräch der zukünftigen Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung von Patientinnen und Patienten mit zugelassenen Radiopharmaka. Laut Prof. Ullmann wäre es ein Fehler, hier die Lösung in einfachen und nicht patientengerechten planwirtschaftlichen Modellen zu suchen. „Kurzfristig hat die Bundesregierung die ersten richtigen Schritte eingeleitet, aber langfristig müssen wir noch mehr tun“, betonte der Politiker und fuhr fort: „Das heißt vor allem eine raschere Nutzenbewertung, damit Arzneimittel und Therapeutika bei den Patientinnen und Patienten zeitnah Anwendung finden können. Ein weiterer Punkt wäre die zuverlässige Diversifizierung der Lieferketten, um die Abhängigkeit von einzelnen Ländern zu reduzieren. Dazu gehört auch, dass wir im europäischen Raum die Produktion attraktiver machen und auch den Blick nach Afrika richten.“ Nach seiner Auffassung wird das deutsche Gesundheitssystem ohne Anreizsysteme für die Pharmaunternehmen keine stabile Versorgung für die kommenden Jahrzehnte aufbauen können. 

Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann, eingerahmt von Magnus Fischer (links) und Prof. Dr. Andreas Buck sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Kompetenznetzwerks nuklearonkologische Patientenversorgung und des Uniklinikums Würzburg.
Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann (Bildmitte), eingerahmt von Magnus Fischer (links) und Prof. Dr. Andreas Buck sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Kompetenznetzwerks nuklearonkologische Patientenversorgung und des Uniklinikums Würzburg.
Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Buck (links) führte den Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Andrew Ullmann durch die Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg.
Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Buck (links) führte den Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Andrew Ullmann durch die Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg.
Beim Besuch am Uniklinikum Würzburg diskutierte Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion (links), unter anderem mit Magnus Fischer vom Kompetenznetzwerk nuklearonkologische Patientenversorgung.
Beim Besuch am Uniklinikum Würzburg diskutierte Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion (links), unter anderem mit Magnus Fischer vom Kompetenznetzwerk nuklearonkologische Patientenversorgung. Bilder (3): UKW / Helmuth Ziegler

Würzburger Nuklearmedizin entwickelt Alternative zur Chemotherapie

Neuer Ansatz in der Diagnose und Therapie von Lymphom-Erkrankungen, bei der Chemokinrezeptoren (CXCR4), die während entzündlichen Prozessen und der Metastasierung von Tumoren hochreguliert werden, gezielt angesteuert werden. Die einmalige Behandlung mit dem Radionuklid 90Y-CXCR4 konnte bei mehreren Patienten eine Komplettremission erzielen.

Die Collage zeigt links die Chemokinrezeptor-Bildgebung bei der die T-Zell-Lymphome leuchten. Rechts ist das Ergebnis nach einer einmaligen Therapie mit Yttrium-90-CXCR4-Liganden zu sehen: Das Lymphom konnte komplett beseitigt werden.
In der im Journal of Nuclear Medicine erschienenen Arbeit zeigt das Team der Nuklearmedizin am Uniklinikum Würzburg den vielversprechenden Einsatz von Radioliganden in der Bildgebung und Tumortherapie, die an Chemokinrezeptoren binden und dabei Komplettremissionen erzielen können. © by the Society of Nuclear Medicine (Buck AK, Grigoleit GU, Kraus SK, Schirbel A, Heinsch M, Dreher N, Higuchi T, Lapa C, Hänscheid H, Samnick S, Einsele H, Serfling SE, Werner RA. C-X-C Motif Chemokine Receptor 4-Targeted Radioligand Therapy in Patients with Advanced T-Cell Lymphoma. J Nucl Med. Online ahead of print)

Die Nuklearmedizin in Würzburg stellte bereits in der Novemberausgabe 2022 des hochrangigen Fachmagazins „Journal of Nuclear Medicine“ (JNM) das Titelbild. Jetzt wird sie in der ersten Ausgabe im neuen Jahr des JNM erneut die Titelgeschichte liefern. Im Mittelpunkt stehen CXCR4-Liganden, beziehungsweise Proteine, die an die Chemokinrezeptoren namens CXCR4 binden und Tumoren nicht nur darstellen, sondern auch gezielt zerstören können. „Diese neue Art der Therapie, die durch die `Featured Articles of the Month´ nun noch mehr Sichtbarkeit erhält, gibt es tatsächlich auf der ganzen Welt nur in Würzburg“, verkündet Prof. Dr. Andreas Buck.

Chemokinrezeptor CXCR4 ist attraktives Ziel für Tumorbildgebung und Therapie 

Der Klinikdirektor der Nuklearmedizin am Uniklinikum Würzburg erklärt die Mechanismen: „Zellen benötigen die Chemokinrezeptoren CXCR4, um sich im Körper zu bewegen. Tumoren nutzen denselben Mechanismus. Wenn ein Tumor diesen Rezeptor hat, kann er aus dem Blutstrom heraustreten und sich in Organen wie Lunge oder Leber und in Knochen an Liganden binden, wodurch Metastasen entstehen. Wir finden bis zu einer Million solcher Rezeptoren auf einer einzigen Tumorzelle. Deswegen ist CXCR4 für uns ein attraktives Ziel, sowohl für die Tumorbildgebung als auch für die Therapie.“

Tumorzellen zum Aufleuchten bringen 

Mit seinem Team arbeitet Andreas Buck an Spürstoffen, so genannten Tracern. In der Radiochemie werden Moleküle künstlich mit radioaktiven Strahlern, die eine sehr kurzlebige Halbwertzeit haben, beladen, damit sie bestimmte Stoffe im Körper binden und über radioaktiven Zerfall sichtbar machen. „Die Moleküle, die an den Chemokinrezeptor binden, sie gewissermaßen zum Aufleuchten bringen, haben wir miterfunden“, sagt Buck nicht ohne Stolz.

Weiche Strahler für Diagnostik, harte Strahler für Behandlung

„Wenn wir sehen, dass der Tracer nur im Tumor anreichert und nicht in den gesunden Geweben, kann ich den Strahler austauschen und als Medikament für die Therapie einsetzen“, erklärt Andreas Buck. Für die Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (CXCR4-PET/CT) werden weiche Radionuklide wie Fluor-18 verwendet. Für die Therapie kommen sehr harte Strahler wie Lutetium-177 und Yttrium-90 zum Einsatz, die den Tumor dann auch tatsächlich zerstören können.

Der Nuklearmediziner zeigt die Collage, die im Januar den Titel vom Journal of Nuclear Medicine zieren wird – PET/CT-Bilder einer Patientin, die schwer kontrollierbare T-Zell-Lymphome aufwies, welche auf die Standardtherapie nicht angesprochen haben. „Links in der Chemokinrezeptor-Bildgebung sehen wir neben den Ausscheidungen der radioaktiv markierten Substanz über die Nieren in die Blase fast ausschließlich die Erkrankung. Die kugeligen Strukturen der T-Zell-Lymphome leuchten in zahlreichen Lymphknoten, in den Knochen, der Milz und der Lunge. Das rechte Bild zeigt das Ergebnis nach einer einmaligen Therapie mit Yttrium-90-CXCR4-Liganden. Das Lymphom konnte komplett beseitigt werden. Die Patientin hat noch eine milde Chemotherapie sowie eine Stammzelltherapie erhalten. Wir können zwar noch nicht von Heilung sprechen, aber von einer kompletten Remission.“

Dem Team aus Würzburg ist es inzwischen bei fünf Patientinnen und Patienten gelungen, die T-Zell-Lymphome mit CXCR4-Liganden zu beseitigen. Nicht nur Andreas Buck ist davon überzeugt, dass dies ein Weg sein könnte, in Zukunft weniger Chemotherapien einzusetzen.

Seit 2020 hat die PentixaPharm GmbH, ein in Würzburg ansässiges Tochterunternehmen der Eckert & Ziegler AG, das erfolgreiche Konzept aufgenommen, um in einem von der Industrie gesponserten klinischen Entwicklungs- und Zulassungsverfahren CXCR4 Diagnostik und Therapie einer Vielzahl von Patientinnen und Patienten zukommen lassen zu können.

Über die Nuklearmedizin am UKW 

Andreas Buck ist seit dem Jahr 2011 am Uniklinikum Würzburg. Zu der Zeit war die Nuklearmedizin noch traditionell mit der Behandlung von Schilddrüsenkrebs befasst. Inzwischen nutzt das mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassende Team die Kenntnisse der molekularen Medizin und überträgt die strahlungsbasierte Therapie auf andere Erkrankungen. In der Radiochemie werden die Substanzen für die Diagnostik und Behandlung entwickelt und unter GMP-Bedingungen (Good Manufacturing Practice) hergestellt. Die Medizinphysik achtet darauf, die Strahlung im niedrigen Bereich zu halten, die Ärztinnen und Ärzte untersuchen die Erkrankten, klären auf und behandeln, die technische Assistenz führt die Untersuchungen am Gerät durch und die Pflegekräfte betreuen die Patientinnen und Patienten auf der Station.

Hinweis: Andreas Buck erläutert die Methode im digitalen Adventskalender hinter dem 19. Türchen

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