
Klinische Studien
Ziele klinischer Studien
Unsere klinischen Studien verfolgen eine Reihe von Zielen: Sie bilden die Basis für Zulassungsprozesse von neuen Arzneimitteln, bewerten diagnostische Verfahren und erproben medizinische Geräte. Aus den gewonnenen Daten und Ergebnisse generieren wir verlässliche Aussagen zur Durchführbarkeit, Effektivität, zum Nutzen und zur Sicherheit.
Multizentrisch und international
Die klinischen Studien, Metaanalysen oder auch systematischen Übersichtsarbeiten werden von uns geplant, durchgeführt und koordiniert. Dabei kooperieren wir mit anderen – internationalen und auch fachübergreifenden – Zentren.
Randomisierte kontrollierte Studien (RCT)
Pharmakologische Studien
In den pharmakologischen Studien testen wir die Effektivität neuer Wirkstoffe (WS) und loten deren optimale Dosierung aus. Dabei dokumentieren wir auch mögliche Nebenwirkungen. Bei der Durchführung der jeweiligen Forschungsschritte – Phase 1 bis Phase 4 – halten wir streng die Qualitäts- und Sicherheitsstandards ein und richten uns in vollem Umfang nach den rechtlichen sowie ethischen Vorgaben. Die Teilnahme an einer Studie ist für geeignete Patientinnen und Patienten stets freiwillig.
Algiax (AP-325) – WS Schmerz
In einer deutschlandweiten Phase-2-Studie wird die Wirkung des neuen Medikaments AP-325 bei Patientinnen und Patienten mit chronischem postoperativem Schmerz überprüft. Der Wirkstoff beeinflusst dabei die Aktivität eines bestimmten Rezeptors, der maßgeblich an der Schmerzverarbeitung beteiligt ist. Im Vergleich zu anderen Wirkstoffen mit ähnlichem Wirkprinzip kann AP-325 die Blut-Hirn-Schranke nur in sehr geringen Mengen überschreiten, sodass weniger Nebenwirkungen zu erwarten sind.
Förderung: Algiax Pharmaceuticals GmbH / FGK Clinical Research GmbH
Apeptico – WS ARDS
Um die Therapie eines akuten Lungenversagens (ARDS) zu verbessern, wird die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener Dosierungen des neuen Medikaments Solnatide im Rahmen einer internationalen Phase-2-Studie überprüft. Das über den Beatmungsschlauch inhalierte Peptid aktiviert unter anderem die Natriumionenkanäle und soll damit bei schwerstkranken Beatmeten den Flüssigkeitsaustritt in die Lunge reduzieren. In Österreich wurde der Wirkstoff für diese Indikation bereits zugelassen.
Förderung: APEPTICO Forschung und Entwicklung GmbH
CatCovid – WS Covid
Um therapeutische Strategien zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu etablieren, wird im Rahmen dieser multizentrischen Phase-2-Studie das neue Medikament BX-471 zur Therapie von erkrankten Personen untersucht. BX-471 blockiert den CCR1-Rezeptor, der maßgeblich an der Entzündungsreaktion unter einer COVID-19-Erkrankung beteiligt ist. Es soll geprüft werden, ob dieser CCR1-Rezeptor-Antagonist zu einer schnelleren Erholung Betroffener beiträgt.
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
EPOS – WS Sepsis
In Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Berlin Charité und weiteren führenden Unikliniken in Deutschland wird aktuell eine Studie entwickelt, die in einer kontrollierten Phase-1-Studie untersucht, ob das Chemotherapeutikum Epirubicin auch den Krankheitsverlauf von schwersterkrankten Patientinnen und Patienten mit einer Sepsis, umgangssprachlichen Blutvergiftung, günstig beeinflussen kann. Ziel dieser Studie ist es, einen innovativen Behandlungsansatz für dieses Krankheitsbild zu finden, an dem bis heute immer noch ein Drittel der Erkrankten sterben.
GI-HOPE – WS ARDS
In der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden Phase-2-Studie untersuchen wir zusammen mit dem Universitätsklinikum Gießen-Marburg, ob und wie sich die Gabe von Granulocyte Macrophage-Colony Stimulating Factor (GM-CSF) auf die Immunantwort beim akuten Lungenversagen auswirkt. Der Wirkstoff GM-CSF wird inhaliert und soll zur Verbesserung der Immunabwehr der Lunge und der Wiederherstellung der Barrierefunktion der Lungenbläschen beitragen.
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL)
Impact – Dosierung Benzodiazepine
Vor einer Operation werden im Rahmen der Prämedikationsvisite zum Teil Benzodiazepine verschrieben. Allerdings unterscheidet sich der Einsatz solcher angstlösenden Medikamente stark von Klinik zu Klinik. Ziel dieser Studie im deutschsprachigen europäischen Raum ist es, die klinische Routine des Einsatzes solcher Medikamente zu erfassen und dabei den Effekt auf die Änderung des Angstlevels unserer Patientinnen und Patienten zu untersuchen.
Förderung: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
LIBERAL – Bluttransfusionen
Als führendes Zentrum der aktuell weltweit größten klinischen Studie zum Einsatz von Bluttransfusionen – den Erythrozytenkonzentraten – untersucht diese Studie, wann bei älteren Patientinnen und Patienten über 70 Jahren im Zuge eines operativen Eingriffs Fremdblut zugeführt werden sollte. Das Ziel dieser Studie ist es, die Versorgung der immer größer werdenden Patientengruppe der Älteren adäquat steuern zu können. Konkret wird die Frage adressiert, ob es besser in Hinblick auf bestimmte klinische Endpunkte ist, bei einem Hämoglobin-Wert bereits von 7,5 g/dl oder erst bei 9 g/dl zu transfundieren. Auf diese Weise könnten die Erkenntnisse dieser Studie dazu beitragen, die wertvolle Ressource „Spenderblut“ zu schonen.
Es handelt sich bei der Liberal-Studie um eine prospektive, randomisierte, multizentrische und kontrollierte Studie.
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Squeeze – Gebrauch von Vasopressoren
Als teilnehmendes Zentrum einer weltweiten Studie der European Society of Anaesthesiology and Intensive Care (ESAIC) leisten wir einen wichtigen Beitrag, um den postoperativen Gebrauch von kreislaufunterstützenden Medikamenten, den Vasopressoren, zu untersuchen. Da der Einsatz dieser Medikamente große Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern und Zentren zeigt, sollen eingriffs- und anästhesiespezifische Faktoren identifiziert werden, die mit dem Einsatz dieser Medikamente einhergehen.
Förderung: European Society of Anaesthesiology and Intensive Care (ESAIC)
VITDALIZE – Indikation Vitamin D
Ein Vitamin-D-Mangel ist ein häufiges Problem schwerstkranker Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation. Im Rahmen einer internationalen Studie wird untersucht, ob eine hochdosierte Gabe von Vitamin D bei schwerem Vitamin-D Mangel den Krankheitsverlauf verbessern und damit die Intensivtherapie optimieren kann.
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF))
Nicht pharmakologische Studien
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Techniken führen zur kontinuierlichen Veränderung etablierter Verfahren (V), Medizinprodukte oder einer weiter entwickelten Methodik. Deren Potenzial und Grenzen festzulegen ist Ziel unserer anwendungsbezogenen klinischen Studien. Außerdem führen wir Übersichtsarbeiten zur Datenlage bei bestimmten Fragestellungen durch – aktuell etwa bei Covid-19, um therapeutische Leitlinien mitzuentwickeln oder zur Verbesserung bestehender Leitlinien beizutragen.
CEOsys – Übersicht Covid-19
Als eine der leitenden Einrichtungen sind wir an einem deutschlandweiten Verbundprojekt beteiligt, das neue Erkenntnisse zu COVID-19 im Verlauf der Pandemie zusammenfasst und bewertet. Basierend auf den unzähligen wissenschaftlichen Veröffentlichungen seither, beschäftigt sich diese Arbeitsgruppe mit der Strukturierung der gewonnenen Erkenntnisse aus der klinischen Forschung und deren Übertragung in Leitlinienempfehlungen sowie an relevante Zielgruppen.
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Covalent – V Intubation
Die Atemwegssicherung durch Intubation im Rahmen einer Vollnarkose zählt zu den Kernaufgaben der Anästhesie, um eine Beatmung unserer Patientinnen und Patienten während der Operation oder auf einer Intensivstation zu ermöglichen. Dabei gibt es verschiedene Methoden, um den Beatmungsschlauch – den Tubus – in der Luftröhre zu platzieren. Ziel dieser deutschlandweiten Studie ist es, das bisher etablierte Standardinstrument zur korrekten Positionierung des Tubus mit neuen, videoassistierten Instrumenten zu vergleichen, um die zukünftige Patientenversorgung an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten.
Förderung: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
i-HOPE – V Hüftoperation
Bei einer Hüftfraktur stehen verschiedene anästhesiologische Verfahren vor und während einer Operation zur Verfügung. Da häufig ältere und damit kränkere Patientinnen und Patienten solche Frakturen erleiden, untersucht diese randomisierte, multizentrische Studie das sicherste anästhesiologische Verfahren für diese Patientengruppe. Prinzipiell können dabei rückenmarksnahe Verfahren, etwa die Spinalanästhesie, oder die Allgemeinanästhesie eingesetzt werden.
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
KIPeriOP – Übersicht Risikofaktoren
Das interdisziplinäre und multizentrische Forschungsprojekt dient der Entwicklung und Anwendung einer Leitlinien-basierten künstlichen Intelligenz (KI), die Entscheidungshilfen rund um eine Operation gibt. Basierend auf der Sammlung von Patientendaten, die in dieses Clinical Decision Support (CDS)-System einfließen, sollen per Algorithmus mögliche Risikofaktoren ermittelt, bewertet und drohende Komplikationen verlässlicher als durch etablierte Risiko-Scores vorhergesagt werden.
So ließe sich das Risikomanagement präzisieren und auch die Dokumentations- sowie Versorgungsqualität verbessern.
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Monitor – V Fitnesstracker
Fitness- oder Healthtracker – sogenannte Wearables – werden in der Allgemeinbevölkerung zur Überwachung verschiedener Herzkreislauffunktionen immer beliebter. Da bisher nicht ausreichend geklärt ist, inwieweit diese Messungen klinischen Standards entsprechen, sollen in dieser klinischen Studie Vergleichsdaten erhoben werden. In Kooperation mit dem EU-Projekt PharmaLedger werden zudem Strategien überprüft, um möglicherweise derartige Sensoren nicht nur im Freizeitbereich, sondern auch im Klinikbetrieb einzusetzen.
Förderung: European Union – Horizon2020 Projekt, PharmaLedger
PICCOLINO – V Diagnostik Anämie
Das Akronym PICCOLINO steht für Point-of-care transcutaneous longitudinal non-invasive detection of iron deficiency in obstetrics und ist eine neue Diagnosemethode für Blutarmut. Die bislang per Blutabnahme bestimmten Laborwerte von Hämoglobin und anderen Parametern sollen durch das nicht-invasive Nachweisverfahren von Zinkprotoporphyrin (ZnPP) ergänzt werden. Diese Verbindung entsteht, wenn bei Eisenmangel Zink ersatzweise in den roten Blutfarbstoff eingebaut wird. ZnPP kann über die Mundschleimhaut per Fluoreszenz quantifiziert werden. In einer abgeschlossenen Studie, in der Schwangere explizit ausgeschlossen waren, konnte eine hohe Verlässlichkeit dieses Messwertes gezeigt werden.
Die PICCOLINO-Studie untersucht nun, ob diese Ergebnisse auch auf die spezielle Patientengruppe der Schwangeren zutreffen. So könnte künftig eine Eisenmangel-Anämie frühzeitig, schneller und mit verbessertem Patientenkomfort festgestellt und durch eine Eisengabe die Blutarmut noch vor der Geburt therapiert werden. Somit ließe sich die Gefahr einer Anämie im Zuge der Geburt weiter reduzieren.
Remove-Studie – Entfernung von Krebszellen aus Operationsblut
Um auch bei Krebsoperationen hohe Blutverluste zu verringern, die Transfusionsmenge zu reduzieren und somit das Blood-Management Programm kontinuierlich weiter zu entwickeln, soll während des Eingriffs abgesaugtes und gesammelte Blut von Krebszellen gereinigt und – ohne die Gefahr einer Metastasierung – reinfundiert werden. Wie eine Vorstudie ergeben hat, gelingt dies mit dem innovativen Verfahren der Firma Lindis Blood Care bei sogenannten EpCAM-positiven Tumorzellen. Die Abkürzung steht für epithelial cell adhesion molecules, welche auf den meisten gängigen Karzinomen zu finden sind: Entsprechende Antikörper binden die Tumorzellen und werden anschließend selektiv aus dem Blut herausgefiltert.
In der multizentrischen REMOVE-Studie sollen die erfolgsversprechenden Ergebnisse an insgesamt 110 weiteren Probandinnen und Probanden bestätigt werden.
Teilnahme an klinischen Studien
Falls Sie als Patientin oder als Patient die Kriterien für eine Teilnahme an einer klinischen Studie erfüllen, kommen wir im Rahmen des Klinikalltags in der Regel auf Sie oder Ihre Angehörigen zu. Falls Sie als Doktorandin oder Doktorand Interesse an einem Promotionsthema im Rahmen der klinischen Studien haben, sprechen Sie uns unverbindlich an. Detailliertere Angaben dazu finden Sie unter Promotion.
Phase 1
In Phase 1 wird geprüft, ob der Wirkstoff im menschlichen Organismus die erhoffte Wirkung erzielt und wie dessen Verträglichkeit ist. Dieser Proof of principle wird in der Regel an einer kleinen Gruppe männlicher Probanden durchgeführt.
Phase 2
Phase 2 setzt nach dem Nachweis von Wirksamkeit und Verträglichkeit an. Ziel ist die Präzisierung von Dosierung und Anwendungsbereichen sowie die Erfassung von eventuellen Nebenwirkungen.
Phase 3
Phase 3 wird bereits unter nahezu klinischen Alltagsbedingungen durchgeführt, ist jedoch noch einem kleinen Personenkreis vorbehalten. Der Vergleich mit der gängigen Standardtherapie oder einer Placebo-Gruppe bestätigt die Wirksamkeit und ebnet den Weg zur Zulassung. Durch die engmaschige intensive Betreuung ist das Risiko relativ gering.
Phase 4
In Phase 4 – nach der offiziellen Zulassung des Medikaments – soll der in größeren Kohorten bereits bewährte Wirkstoff oder das erfolgreiche Verfahren bei möglichst vielen erkrankten Personen in breiter Anwendung getestet werden. Dabei wird ein Nutzen-Risiko-Profil auch für spezielle Patientengruppen und in Wechselwirkungen mit weiteren Medikamenten erstellt. Zusätzlich werden die Anwendungs- und Dosierungsempfehlungen justiert.
Team der Arbeitsgruppe Klinische Studien
Leiter der Forschungsgruppe
Univ.-Prof. Dr. med. Patrick Meybohm
Univ.-Prof. Dr. med. Peter Kranke
Prof. Dr. med. Christian Stoppe
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Dr. med. Pamela Bendz
Dr. med. Sabine Friedrich
Dr. med. Tobias Haas
Dr. med. Philipp Helmer
Sebastian Hottenrott
Eva-Maria Kranke
Marianne Neuf
Anke Reppchen
Tobias Schlesinger
Dr. rer. nat. Dr. med. Benedikt Schmid
Magdalena Sitter
Doktorandinnen und Doktoranden
Dominik Eckert
Philipp Keßler
Andreas Meixner
Paul Pistner
Philipp Rodemers
Andreas Steinisch
Agnes Stockinger
Katrin Wienböker
Ansprechpersonen
Univ.-Prof. Dr. med.
Patrick Meybohm
Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie
Kontakt, Öffnungszeiten, Sprechzeiten
an_direktion@ ukw.de
Anschrift
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie| Zentrum Operative Medizin (ZOM) | Oberdürrbacher Straße 6 | Haus A2 | 97080 Würzburg | Deutschland