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Neue Sonderforschungsbereiche: Erfolgsrate 100 Prozent (Kopie 1)

Großartiges Ergebnis für die Universität und das Uniklinikum: In der neuesten Runde zur Vergabe von Sonderforschungsbereichen wurden alle sechs Anträge aus Würzburg bewilligt.

Der Universität und dem Universitätsklinikum Würzburg sind zwei neue Sonderforschungsbereiche (SFB) bewilligt worden. Vier weitere SFB mit Würzburger Beteiligung haben so erfolgreich geforscht, dass sie ihre Arbeit fortführen können. Das hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) heute in einer Pressemitteilung bekannt gegeben.

Universitätspräsident Paul Pauli gratuliert allen Beteiligten: „Ich freue mich sehr über Ihren Erfolg! Herzlichen Glückwunsch und gutes Gelingen bei den exzellenten und anspruchsvollen Forschungsprojekten, die nun bald starten oder weitermachen können. Mein großer Dank geht an alle, die sich bei dem aufwändigen Vorbereiten der Anträge engagiert haben.“

Die Erfolgsrate könnte damit besser nicht sein: Alle sechs Anträge aus Würzburg wurden bewilligt. Ein neuer Sonderforschungsbereich startet in der Chemie, die anderen forschen im Bereich der Medizin.

Prof. Dr. Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät in Würzburg: „Die Bewilligung von fünf Sonderforschungsbereichen im Bereich der Medizin ist ein herausragender Erfolg für die Universitätsmedizin Würzburg. Diese Entscheidung bestätigt unsere Strategie zur Entwicklung exzellenter Forschungsstrukturen und ist ein weiterer wichtiger Meilenstein. Ich danke allen Beteiligten, die hier mit großem Engagement mitgewirkt haben.“

Innovative und anspruchsvolle Forschungsthemen

Sonderforschungsbereiche sind langfristige Programme zur Förderung der Spitzenforschung, die von der DFG finanziell gefördert werden. Die Forschenden in SFBs arbeiten fächerübergreifend an innovativen, anspruchsvollen Fragen.

In der aktuellen Vergaberunde hat die DFG neun neue Sonderforschungsbereiche bewilligt. Sie fördert sie ab April 2026 für jeweils drei Jahre und neun Monate mit insgesamt rund 120 Millionen Euro. Der Bewilligungsausschuss stimmte außerdem für die Verlängerung von 32 SFB um je eine weitere Förderperiode. Details zu allen Sonderforschungsbereichen liefert die Pressemeldung der DFG

Im Folgenden kurze Erläuterungen der zwei neuen und die vier fortgesetzten Würzburger Sonderforschungsbereiche.

Neu: Boron as Property-Determining Element (BORONPro)

Neu eingerichtet wird an der Uni Würzburg ein Sonderforschungsbereich, der sich um das Element Bor dreht. „Molekulare Verbindungen, die Bor enthalten, bestechen durch ihr breites Anwendungspotenzial“, sagt Professor Maik Finze, der Sprecher des neuen Sonderforschungsbereichs BORONPro. Überraschenderweise liegt dieses Potenzial bisher weitgehend brach: Aktuell werden Borverbindungen meist nur als Einweg-Moleküle bei chemischen Synthesen eingesetzt, in deren Verlauf sie dann verloren gehen.

Das wollen die Forschenden des SFB ändern: Sie möchten Strategien entwickeln, mit denen sich innovative borhaltige Funktionsmaterialien herstellen lassen. Die Erfolgsaussichten dürften sehr gut sein: An keinem anderen Ort weltweit ist das Fachwissen über Bor stärker konzentriert als an der Uni Würzburg mit ihrem Institut für nachhaltige Chemie und Katalyse mit Bor (ICB) sowie ihrem Institut für Anorganische Chemie.

Borhaltige Moleküle haben derart vielfältige Eigenschaften, dass sie besonders für die Materialwissenschaft, die Medizin und die Pharmazie interessant sind. Funktionsmaterialien mit Bor als eigenschaftsbestimmendem Element kommen unter anderem für die Energietechnik und die Optoelektronik in Frage.

  • Im Rahmen von BORONPro werden Elektrolyte für Batterien und Superkondensatoren sowie Materialien für organische Leuchtdioden erforscht.
  • Ein weiteres Anwendungsfeld ist die chemische Synthese: Hier liegt ein Fokus auf der Entwicklung borbasierter Katalysatoren für die effiziente und ressourcensparende und somit nachhaltige Herstellung von Feinchemikalien.
  • Das dritte Themenfeld sind borhaltige Biomoleküle. Hier stehen potentielle Anwendungen in der medizinischen Diagnostik und beim Wirkstofftransport im Vordergrund, bei denen das Element Bor neuartige und vielversprechende Möglichkeiten bietet.

Am neuen SFB sind JMU-Arbeitsgruppen aus Chemie, Physik und Pharmazie beteiligt. Dazu kommen Teams von den Universitäten Bonn, Frankfurt/Main und Köln sowie vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung Würzburg. Die DFG fördert den neuen SFB in den Jahren 2026 bis 2029 mit voraussichtlich rund 12 Millionen Euro.

Neu: Desmosomale Dysfunktion epithelialer Barrieren (DEFINE)

Der neue SFB/Transregio ist eine Kooperation der Universitäten Marburg (Sprecheruniversität), LMU München und Würzburg. Standortsprecher in Würzburg ist Professor Nicolas Schlegel, Lehrstuhlinhaber für Experimentelle Viszeralchirurgie und Sektionsleiter Endokrine Chirurgie an der Klinik für Chirurgie I des Universitätsklinikums. Die DFG fördert den SFB von 2026 bis 2029 mit voraussichtlich rund 14 Millionen Euro.

Im Mittelpunkt des SFB stehen Desmosomen. Diese Proteinstrukturen vernetzen Zellen an Grenzflächen des Körpers so miteinander, dass eine Barriere entsteht. Funktionierende Barrieren in der Haut und im Darm sind lebenswichtig, so dass bei deren Fehlfunktionen schwerwiegende Erkrankungen entstehen können. 

Die Forschenden konzentrieren sich auf drei Krankheiten: Lebensgefährlich ist die Autoimmunkrankheit Pemphigus vulgarisSie entsteht, wenn die eigenen Immunzellen fälschlicherweise Desmosomen in der Haut angreifen. Unter anderem aus Würzburg stammt die Entdeckung, dass Desmosomen auch bei entzündlichen Darmerkrankungen eine Rolle spielen. Zusätzlich nehmen die Forschenden Entzündungen der Speiseröhre (eosinophile Ösophagitis) in den Blick, bei deren Entstehung Mutationen von Desmosomen beteiligt sind.

„Ich freue mich sehr und bin stolz darauf, dass unser SFB “Desmosomale Dysfunktion in Epithelien” von der DFG als einer der neu eingerichteten SFBs für eine Förderung ausgewählt wurde. Damit haben wir die Möglichkeit, das noch sehr begrenzte Wissen über die Regulation von Epithelbarrieren bei Gesundheit und Krankheit deutlich zu vergrößern und neuartige therapeutische Strategien gegen die genannten Krankheiten zu entwickeln“, sagt Standortsprecher Nicolas Schlegel.

Was diesen SFB wirklich auszeichnet, ist Nicolas Schlegel zufolge sein hochgradig interdisziplinärer Ansatz: Grundlagenforscher aus den Bereichen Zellbiologie und Immunologie werden Hand in Hand mit Klinikern aus den Bereichen Pädiatrie, Dermatologie, Innere Medizin und Viszeralchirurgie arbeiten. Ein Alleinstellungsmerkmal ist, dass dieser SFB der derzeit einzige in Deutschland ist, der wesentlich unter chirurgischer Federführung entstanden ist. Elf der 35 Projektleitungen sind in Würzburg angesiedelt, davon sechs aus der Viszeralchirurgie.

Fortsetzung: From the Fundamentals of Biofabrication towards Functional Tissue Models (Biofab)

Der SFB/Transregio wird gemeinsam von den Universitäten Würzburg (Sprecheruniversität), Bayreuth und Erlangen-Nürnberg getragen. Sprecher des Verbunds ist Professor Jürgen Groll, Leiter des Lehrstuhls für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde am Universitätsklinikum Würzburg. 

Für die nun dritte Förderperiode (2026 bis 2029) erhält der Sonderforschungsbereich voraussichtlich rund 14 Millionen Euro von der DFG.

Im Zentrum der Arbeiten steht die Entwicklung automatisierter 3D-Druckverfahren, mit denen lebende Zellen und Biomaterialien zu Gewebekonstrukten verarbeitet werden. Diese Konstrukte ähneln menschlichem Gewebe und können zu voll funktionsfähigen Modellen weiterreifen. Solche biofabrizierten Gewebe bieten das Potenzial, Tierversuche zu reduzieren, neue Ansätze für die Pharma- und Krebsforschung zu eröffnen und langfristig als regenerativer Ersatz bei Herz-, Knochen- oder Knorpeldefekten eingesetzt zu werden.

Seit seiner Einrichtung im Jahr 2018 hat der Verbund bedeutende wissenschaftliche Fortschritte erzielt: Mehr als 360 Publikationen in renommierten Fachzeitschriften, dreizehn Patentanmeldungen sowie ein erfolgreich wachsendes Spin-off unterstreichen die wissenschaftliche und technologische Relevanz des Projekts.

In der dritten Förderperiode möchten die Forschenden insbesondere den Reifungsprozess der 3D-gedruckten Gewebekonstrukte weiter optimieren. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Modellen für das zentrale Nervensystem sowie auf Anwendungen in der Infektionsforschung.

Webseite des SFBs https://trr225biofab.de/de/

Fortsetzung: Lymphocyte Engineering for Therapeutic Synthetic Immunity (LETSimmun)

Eine SFB/Transregio-Kooperation der Technischen Universität München (Sprecheruniversität) mit der LMU München und der Universität Würzburg. Standortsprecher in Würzburg ist Professor Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums. 

In seiner jetzt zweiten Förderperiode (2026 bis Mitte 2029) fördert die DFG den SFB/Transregio mit voraussichtlich rund elf Millionen Euro.

Der seit 2021 geförderte SFB arbeitet an neuen Techniken und Strategien, um Lymphozyten und andere Immunzellen so zu verändern, dass sie sich für eine optimierte Bekämpfung von Infektionen, Tumorerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen wie Rheuma nutzen lassen. Die therapeutischen Immunzellen sollen außerdem resistent gegen körpereigene Regulationsmechanismen gemacht werden, die ihr Funktionieren herabsetzen oder verhindern.

Webseite des SFB https://letsimmun.de/

Fortsetzung: The Adrenal: Central Relay in Health and Disease

Eine SFB/Transregio-Kooperation der Technischen Universität Dresden (Sprecheruniversität) mit der LMU München und der Universität Würzburg. Standortsprecher in Würzburg ist Professor Martin Fassnacht, Leiter des Lehrstuhls Endokrinologie und Diabetologie des Universitätsklinikums. 

In seiner dritten Förderperiode (2026-2029) fördert die DFG den SFB/Transregio mit voraussichtlich 14 Millionen Euro.

Der seit 2017 geförderte SFB erforscht die Rolle der Nebennieren für die Gesundheit sowie als Auslöser vieler Erkrankungen. Sein Ziel ist es, Grundlagen für neue diagnostische und therapeutische Strategien für die Behandlung von Nebennierenerkrankungen zu entwickeln. Dabei geht es vor allem um Krankheiten mit Hormonüberschuss, die häufig durch Nebennierentumoren ausgelöst werden, aber auch um Hormonmangelerkrankungen. Im Fokus stehen auch Volkskrankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes, die eng mit Erkrankungen der Nebennieren zusammenhängen. Die Forschenden haben bereits mehrere diagnostische Methoden und neue Therapiekonzepte entwickelt, die Eingang in die Patientenversorgung gefunden haben. Die enge Kooperation der drei Standorte hat die Forschungsthematik deutlich gestärkt.

„Es ist uns in den letzten acht Jahren mit der DFG-Förderung gelungen, den europäischen Leuchtturm im Bereich der Nebennierenforschung zu etablieren. Und jetzt freuen wir uns natürlich darüber, dass wir diesen nun noch weiter ausbauen können", kommentiert Martin Fassnacht. 

Webseite des SFB https://tu-dresden.de/med/mf/forschung-internationales/forschungsprofil/sfb-transregio-205

Fortsetzung: Modulation of graft-versus-host and graft-versus-leukemia immune responses after allogeneic stem cell transplantation

Eine SFB/Transregio-Kooperation der Universitäten Regensburg (Sprecheruniversität), Erlangen-Nürnberg und Würzburg. Standortsprecher in Würzburg ist Professor Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums.

In seiner jetzt dritten Förderperiode (2026 bis 2029) fördert die DFG den Sonderforschungsbereich mit voraussichtlich rund 15 Millionen Euro.

Die Teams des SFB erforschen seit 2018 grundlegende immunologische Mechanismen, die bei der Behandlung von Leukämien durch Stammzelltransplantationen ablaufen. Sie möchten die positiven Effekte besser verstehen, welche die Immunzellen der Spender im Körper der Empfänger haben. Ziel ist es, diese Effekte zu verstärken, um ein Wiederauftreten der Leukämie zu verhindern. Untersucht werden außerdem unerwünschte Einflüsse der gespendeten Immunzellen auf den Darm, die Haut oder andere Organe der Empfänger. Hier geht es darum, diese Wirkungen zu verhindern oder zumindest abzuschwächen.

Webseite des SFB https://gvhgvl.de/

Prof. Dr. Tim J. von Oertzen, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) resümiert: „Dieser Erfolg ist Ausdruck der Würzburger Spitzenmedizin. Davon werden auch die Patientinnen und Patienten spürbar profitieren. Ich gratuliere allen Beteiligten zu diesem außergewöhnlichen Erfolg.“ 

Wer hat welches Tumormodell?

WISSENSCHAFTLER IM DIREKTEN AUSTAUSCH: DER BZKF-LEUCHTTURM „PRÄKLINISCHE MODELLE“

Der BZKF-Leuchtturm „Präklinische Modelle“ unter der Leitung des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) hat bereits zwei standortübergreifende Datenbanken aufgebaut: die Organoid-Datenbank und die Datenbank für onkologische Tierversuchsmodelle. Die Plattformen geben einen Überblick über die Verfügbarkeit von Organoid-Modellen verschiedener Tumorentitäten und von Tiermodellen. Insgesamt soll das Projekt eine effizientere Forschung, verbesserte Genehmigungsprozesse und die Optimierung präklinischer Modelle im Sinne des 3R-Prinzips (Replace, Reduce, Refine) ermöglichen.

 

Nicolas Schlegel, Anne Rech, Mahasen Saati und Christoph Otto stehen in weißen Kittel in einer Reihe an einem Geländer
Das Team des BZKF-Leuchtturms Präklinische Modelle am UKW v.l.n.r. Prof. Dr. Nicolas Schlegel (Sprecher), Anne Rech (Organoid-Datenbank), Dr. Mahasen Saati (Präklinische Tiermodelle), Prof. Dr. Christoph Otto (stellvertretender Sprecher). © Ulrich Bender
Collage aus drei mikroskopischen Bildern von Organoiden.
Organoid aus gesundem Gewebe (links), aus einem Darmpolypen (Mitte) sowie rechts ein Tumor-Organoid aus dem Gewebe eines Patienten mit kolorektalem Karzinom. © UKW

Würzburg. Präklinische Modelle sind für die medizinische Forschung unverzichtbar: Sie helfen, Krankheitsmechanismen zu verstehen, Therapieansätze zu testen, die Sicherheit zu bewerten und Hinweise für eine mögliche Dosierung neuer Therapeutika zu erhalten. Um die Lücke zwischen Grundlagenforschung und früher klinischer Anwendung zu verkleinern und die translationale Forschung einschließlich Proof-of-Concept-Studien zu beschleunigen, fördert das Bayerische Zentrum für Krebsforschung (BZKF) seit dem 1. Januar 2024 für den Leuchtturm „Präklinische Modelle“. 

Prof. Dr. Nicolas Schlegel, Sprecher des Leuchtturms und Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Viszeralchirurgie am Uniklinikum Würzburg (UKW), zieht mit seinem Team – Prof. Dr. Christoph Otto, Anne Rech und Dr. Mahasen Saati – Zwischenbilanz: „Wir haben inzwischen zwei standortübergreifende Datenbanken als interaktive Informations-, Dokumentations- und Austauschplattform für die präklinische Forschung realisiert. Eine Plattform für die Target-Validierung ist im Aufbau“, informiert Nicolas Schlegel. 

Plattform für Target-Validierungen

Mit der zentralen Einheit für Target-Validierungen sollen Ansatzpunkte für neue Arzneimittel erforscht werden. „Hier etablieren wir gerade mit dem Auxin-System ein präklinisches Modell, das uns hilft, bestimmte, bisher unzugängliche Zielstrukturen in Tumorzellen zu charakterisieren. Dies ist eine Validierungsmöglichkeit für die Entwicklung von PROTACs, eine neue Klasse von Arzneistoffen, die krankmachende Proteine im Körper gezielt abbauen kann“, berichtet Prof. Dr. Gabriele Büchel. Die Molekularbiologin im Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg ist ebenfalls Teil des Leuchtturms. Die Etablierung läuft derzeit im Tiermodell und in humanen Organoiden.

Datenbank mit derzeit 100 humanen Tumor-Organoiden

Die Organoid-Technologie ist ein großer Schwerpunkt der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Transplantations-, Gefäß- und Kinderchirurgie am UKW. Aus Gewebespenden von Patientinnen und Patienten baut das Team Organoid-Modelle. „Wir züchten Organoide aus Tumoren, aus entzündlichem Gewebe, aber auch aus gesundem Gewebe“, schildert Anne Rech. Die Wissenschaftlerin ist im Leuchtturm für die Organoid-Datenbank zuständig, welche bereits 100 patientenabgeleitete Organoide (PDO für Patient-Derived Organoids) aus den bayerischen BZKF-Standorten umfasst. Zusätzlich sind Protokolle zur Kultivierung und zum Austausch der PDOs hinterlegt.“ Kooperationen mit anderen BZKF-Translationsgruppen wie CaR-EpiSafe, Pädiatrische Hirntumoren und Omis/Genomics sollen die Implementierung weiterer PDOs ermöglichen. Die Erweiterung der Datenbank um Informationen zu Maus-Organoiden ist ebenfalls geplant.

Datenbank mit aktuell 13 Tiermodellen

Die Datenbank „Onkologische Tiermodelle“ sammelt Informationen über Tiermodelle, die an den BZKF-Standorten durchgeführten werden. Derzeit sind die Beschreibungen von 13 Tiermodellen aus den BZKF-Standorten hinterlegt. Die Eingabe weiterer etablierter Modelle ist in Vorbereitung. Darüber hinaus soll die Datenbank auch um Modelle für tumorfördernde Erkrankungen wie Adipositas oder chronische Entzündungen erweitert werden. „Unsere Datenbank für onkologische Tiermodelle dient dazu, relevante Angaben zum Versuchsvorhaben zu standardisieren und damit den Weg zum Erkenntnisgewinn zu beschleunigen Außerdem sind Schulungsvideos für diese Modelle geplant“, erläutert Dr. Mahasen Saati, die für die onkologischen Tiermodelle zuständig ist. „Insgesamt wollen wir mit unserem Projekt den Informationsaustausch zwischen Genehmigungsbehörde, Tierschutzbeauftragen und Antragstellern informativer und transparenter machen.“ Eine Optimierung und der Austausch, die letztlich die Reduktion solcher Versuche ermöglichen ist hierbei ein wichtiges Ziel.

Verknüpfung der Datenbanken, um mit umfangreichem Repertoire an humanen und murinen Organoiden in Verbindung mit Tiermodellen ein optimales Vorgehen im Sinne des 3R-Prinzips zu ermöglichen

Langfristiges Ziel ist die inhaltliche Verknüpfung beider Datenbanken, die auf der webbasierten Plattform REDCap (Research Electronic Data Capture) entwickelt wurden. Die Kombination von humanen und murinen Organoiden in Verbindung mit Tiermodellen soll eine optimale Strategie für die präklinische Krebsforschung ermöglichen. „Mit diesen Maßnahmen leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung innovativer Krebsforschung und zur Umsetzung des 3R-Prinzips: Vermeiden von Tierversuchen, Replace, Minimieren der Anzahl von Versuchen und Versuchstieren, Reduce, und die Vermeidung der Belastung, Refine“, kommentiert Christoph Otto, stellvertretender Sprecher des Leuchtturms. 

Zur Veranschaulichung führt Nicolas Schlegel ein Beispiel an: In Modell- oder Zellkulturexperimenten wurde eine potenziell interessante Zielstruktur für eine neue oder ergänzende Therapie in einem bestimmten Tumor entdeckt. Diese kann ex vivo in einem Tumor-Organoid auf ihre Wirksamkeit getestet und gegebenenfalls im nächsten Schritt im lebenden Organismus im Tiermodell validiert werden. Damit nicht alles neu etabliert werden muss, informiert die Datenbank, wo welche Modelle vorgehalten werden und wer für die Durchführung der Experimente kontaktiert werden kann.

„Je mehr sich registrieren, desto besser wird das Netzwerk“

Die Daten und Modelle kommen bislang von den BZKF-Standorten in Augsburg, Erlangen, München, Regensburg und Würzburg. „In erster Linie ist die Datenbank für alle Kooperationspartner des BZKF gedacht, aber natürlich können sich auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen registrieren, die translational forschen und sich einen standortübergreifenden Überblick über die Verfügbarkeit humaner Organoid-Modelle verschiedener Tumorentitäten und Tiermodelle verschaffen möchten“, sagt Nicolas Schlegel. „Je mehr sich registrieren, desto besser wird das Netzwerk“

Ein Kontaktformular für die Registrierung gibt es auf der Webseite des Lehrstuhls für Experimentelle Viszeralchirurgie.
 

Nicolas Schlegel, Anne Rech, Mahasen Saati und Christoph Otto stehen in weißen Kittel in einer Reihe an einem Geländer
Das Team des BZKF-Leuchtturms Präklinische Modelle am UKW v.l.n.r. Prof. Dr. Nicolas Schlegel (Sprecher), Anne Rech (Organoid-Datenbank), Dr. Mahasen Saati (Präklinische Tiermodelle), Prof. Dr. Christoph Otto (stellvertretender Sprecher). © Ulrich Bender
Collage aus drei mikroskopischen Bildern von Organoiden.
Organoid aus gesundem Gewebe (links), aus einem Darmpolypen (Mitte) sowie rechts ein Tumor-Organoid aus dem Gewebe eines Patienten mit kolorektalem Karzinom. © UKW

Akademischer Chirurg mit Vorbildfunktion

Prof. Dr. Nicolas Schlegel erhält neu geschaffenen Lehrstuhl für Experimentelle Viszeralchirurgie am Uniklinikum Würzburg

Nicolas Schlegel steht im weißen Arztkittel mit verschränkten Armen in der Magistrale des Zentrums für Operative Medizin
Prof. Dr. Nicolas Schlegel ist Inhaber des neu geschaffenen Lehrstuhls für Experimentelle Viszeralchirurgie am Uniklinikum Würzburg © Ulrich Bender

Würzburg. Die Viszeralchirurgie begeisterte Prof. Dr. Nicolas Schlegel von Anfang an. „Die Vielfalt und Komplexität der Chirurgie zwischen Hals und Enddarm ist absolut faszinierend. Die größte Motivation war aber die Möglichkeit, den Patientinnen und Patienten mit einem einzigen Eingriff in kurzer Zeit zu helfen“, schwärmt Nicolas Schlegel. Seine Leidenschaft gilt aber nicht nur der Patientenversorgung. Auch die Forschung liegt dem 45-jährigen Oberarzt am Herzen: „Ich möchte als Kliniker die Forschung aktiv mitgestalten, also ein akademischer Chirurg sein!“ Professor Christoph-Thomas Germer, Direktor der Klinik für Chirurgie I, unterstützte diesen Wunsch von Anfang an. Und somit wurde im Jahr 2019 am Uniklinikum Würzburg (UKW) eine deutschlandweit einmalige W3-Professur für Experimentelle Viszeralchirurgie eingerichtet, die Schlegel als Clinician Scientist im Tenure-Track-Verfahren besetzte. Der Brückenbauer zwischen Chirurgie und translationaler Forschung hat sich bewährt. Die Universitätsmedizin Würzburg hat nun einen Lehrstuhl für Experimentelle Viszeralchirurgie eingerichtet, den Nicolas Schlegel seit Dezember 2024 leitet.

Zweitgrößtes Chirurgisches Studienzentrum in Deutschland

Eine der wichtigsten Einrichtungen im Rahmen seiner Tenure-Track-Professur war sicherlich die Gründung des Chirurgische Studienzentrums. „Damit haben wir eine Struktur geschaffen, die es uns ermöglicht, mit einem eigenen Studienteam systematisch Patientinnen und Patienten in große überregionale klinische Studien einzuschließen, aber auch eigene Studien durchzuführen“, sagt Nicolas Schlegel. „Vor fünf Jahren haben wir nur 22 Patientinnen und Patienten für chirurgische Studien rekrutiert, im vergangenen Jahr waren es bereits 360. Damit sind wir das nach Heidelberg das zweitgrößte chirurgische Studienzentrum in Deutschland.“ Das Rückgrat des Studienzentrums, das von Oberarzt PD Dr. Matthias Kelm geleitet wird, bilden zwei Study Nurses und drei Studienärztinnen, die sich eine Stelle teilen. Viele der Studien sind klassisch technisch orientiert, etwa ob man beim Verschluss der Bauchnaht ein Netz einlegen sollte, um einen Narbenbruch zu verhindern. „Traditionsgemäß wurden in der Chirurgie immer nur Erfahrungen weitergegeben, aber wenig systematisch überprüft, weil auch die Infrastruktur fehlte. Die haben wir jetzt“, so Schlegel, der für die übergeordnete Koordination des Studienzentrums zuständig ist.

Zwei Tage Forschung, drei Tage Klinik und allgegenwärtig Lehre

Wie sieht der Alltag eines Experimentellen Viszeralchirurgen aus? „Zwei Tage pro Woche widme ich mich der Forschung, drei Tage pro Woche stehe ich im OP, und die Lehre ist natürlich allgegenwärtig“, berichtet Schlegel. „Allerdings musste ich zugunsten der Forschung mein chirurgisches Spektrum einschränken und mich auf das konzentrieren, worin ich spezialisiert bin und was ich in höchster Qualität leisten kann: die endokrinologische Chirurgie. Das heißt, ich operiere vor allem Schilddrüsen und Nebenschilddrüsen.“ In der Grundlagenforschung ist Nicolas Schlegel mit insgesamt drei persönlichen Schwerpunkten breiter aufgestellt: chronisch entzündliche Darmerkrankungen, kolorektale Karzinome sowie Veränderungen nach bariatrischer Chirurgie. In der klinischen Forschung beschäftigt er sich mit der Endokrinen Chirurgie und Aspekten aus der perioperativen Medizin.

Stabilisierung der Darmbarriere als wichtiges Ziel

Im größten Projekt wird die Fehlregulation der Darmbarriere bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen untersucht. Dies geschieht unter anderem an Organoid-Modellen. „Wir sammeln hierfür bei Operationen anfallendes Restgewebe, das uns Patientinnen und Patienten spenden und züchten daraus Darmepithelstrukturen“, erklärt Nicolas Schlegel. „Viele Aspekte der Darmbarriere sind bereits verstanden, aber wir müssen noch Angriffspunkte validieren, damit schädliche Bakterien und Krankheitserreger nicht durch die Zellschicht des Darms ins Körperinnere eindringen und Entzündungen auslösen.“
Die Organoid-Technologie kommt auch in der Tumorforschung zum Einsatz. Nicolas Schlegel leitet den vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) geförderten Leuchtturm „Präklinische Modelle“, um Proof-of-Concept-Studien für alle Forschenden im BZKF-Netzwerk zu beschleunigen. Organoidmodelle reduzieren Tierversuche. Doch ganz ohne Tierversuche geht es nicht. So hält das UKW verschiedene chirurgische Tiermodelle vor, zum Beispiel für die Adipositaschirurgie. Hier wird seit Jahren erfolgreich ein Roux-en-Magen-Bypass zur Gewichtsreduktion eingesetzt. Die Prozesse, die nach der Veränderung der Magen-Darm-Passage ablaufen, wie Appetitregulation, metabolische Verbesserung des Stoffwechsels, Veränderung des Mikrobioms etc. sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. „Wenn wir aber verstehen, was nach dem chirurgischen Eingriff passiert, können wir vielleicht auch molekulare Ziele entwickeln und diese in eine medikamentöse Therapie umsetzen, um die Patientinnen und Patienten auf die Operation vorzubereiten“, sagt Nicolas Schlegel.

Präkonditionierung sei das Stichwort, was Nicolas Schlegel zur Prähabilitation führt. Auch das gehört zur Viszeralchirurgie: den Körper optimal auf die Operation vorbereiten, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, Schäden zu minimieren und die Genesung zu fördern. Hier zeigen die so genannten Fast-Track-Programme bereits Erfolge: Die Operierten sind schneller wieder fit, früher zu Hause, und es gibt weniger Komplikationen.

Den Patienten von der Zelle bis zur Naht verstehen

Als Brückenbauer müsse er von jedem Bereich mindestens so viel verstehen, dass er die Kolleginnen und Kollegen aus der Grundlagenforschung, der klinischen Forschung und der Chirurgie zusammenbringen, ihre Fragen verstehen oder formulieren helfen kann, um das Fach weiterzuentwickeln. Denn die Forschung des Lehrstuhls ist so vielfältig wie die Viszeralchirurgie selbst: Sie reicht von molekularen Zusammenhängen über technische Aspekte bis hin zu der Frage, wie der Körper auf den chirurgischen Eingriff reagiert und wie das Zugangstrauma minimalisiert werden kann. „Chirurgie bedeutet nicht einfach, zwei Enden zusammenzunähen und zu hoffen, dass es heilt“, sagt Schlegel, der die Forschungsprojekte supervidiert. „Wir müssen den Patienten von der Zelle bis zur Naht verstehen. Wir müssen verstehen, wie die Zelle und das Gewebe auf unsere Eingriffe reagiert. Erst dann können wir präventiv oder therapeutisch eingreifen.“

Diese Denkweise möchte er auch dem Nachwuchs vermitteln. Hier habe er eine Vorbildfunktion. „Die Chirurginnen und Chirurginnen von morgen sollen molekulare Grundlagen verstehen, Studien beurteilen können, und lernen, dass sich Forschung und Chirurgie durchaus miteinander verbinden lassen“, bemerkt Schlegel, der derzeit vier naturwissenschaftliche und zwölf medizinische Doktorandinnen und Doktoranden betreut. Generell habe das UKW eine ideale Größe, in der sich die grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Fächer und Bereiche begegnen und zusammenarbeiten können. Damit das so bleibt und gegebenenfalls noch besser wird, engagiert sich Nicolas Schlegel in verschiedenen Gremien.

Werdegang von Nicolas Schlegel

Nicolas Schlegel wurde 1979 in Lörrach geboren, wuchs in Donaueschingen auf und kam im Sommersemester 2000 zum Medizinstudium nach Würzburg. Nach dem Physikum begann er seine Doktorarbeit in der Neuroanatomie und gab als Tutor Präparierkurse am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg. Nach dem Staatsexamen im Jahr 2006 arbeitete Nicolas Schlegel zunächst als wissenschaftlicher Assistent in der Grundlagenforschung, unterrichtete Studierende in Anatomie und schuf so den Grundstein für seine heutige Tätigkeit. Im Jahr 2009 wurde er Assistenzarzt an der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Transplantations-, Gefäß- und Kinderchirurgie des UKW, wo er 2015 die Facharztprüfung ablegte. Ein Jahr später übernahm er die Leitung des Schwerpunktes Endokrine Chirurgie, 2018 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt, im Jahr darauf erhielt er den Ruf auf die W3-Professur für Experimentelle Viszeralchirurgie und im Dezember 2024 auf den gleichnamigen Lehrstuhl. Nicolas Schlegel ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie bei Kitzingen.

Details zum Lehrstuhl Experimentelle Viszeralchirurgie und zum Team finden Sie hier

Text: KL /Wissenschaftsredaktion

Nicolas Schlegel steht im weißen Arztkittel mit verschränkten Armen in der Magistrale des Zentrums für Operative Medizin
Prof. Dr. Nicolas Schlegel ist Inhaber des neu geschaffenen Lehrstuhls für Experimentelle Viszeralchirurgie am Uniklinikum Würzburg © Ulrich Bender

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Anschrift

Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Transplantations-, Gefäß- und Kinderchirurgie (Chirurgische Klinik I) des Universitätsklinikums | Zentrum Operative Medizin (ZOM) | Oberdürrbacher Straße 6 | Haus A2 | 97080 Würzburg | Deutschland