Uniklinikum Würzburg: Krebs-Immuntherapie mit einer „Fernbedienung“ steuern

Forscher des Uniklinikums Würzburg und ihre US-amerikanischen Partner haben herausgefunden, dass sich die Krebsbekämpfung mit CAR-T-Zellen durch ein Standardmedikament vorübergehend ausschalten lässt. Dies ist vor allem für den Umgang mit den möglichen, schwerwiegenden Nebenwirkungen der Immuntherapie interessant.

 

CAR-T-Zellen sind körpereigene T-Zellen, die durch gentechnologische Veränderungen für jeweils eine spezifische Krebsart maßgeschneidert „scharfgestellt“ werden. Sie gehören zu den großen Hoffnungsträgern der modernen Onkologie. „Da sich die modifizierten Immunzellen im Körper des Patienten vermehren und dynamisch auf den Krebs reagieren können, sind sie zum einen besonders wirksam. Zum anderen ergibt sich die Herausforderung, diese Immunzellen im Körper des Patienten ‚von außen‘ kontrollieren und steuern zu können. Das ist auch deshalb wichtig, weil diese neue Form der Immuntherapie manchmal einen unvorhersehbaren Verlauf nimmt und erhebliche Nebenwirkungen hervorrufen kann“, sagt CAR-T-Zell-Spezialist Dr. Michael Hudecek von der Medizinischen Klinik II des Uniklinikums Würzburg (UKW). Einer dieser ungewollten Effekte ist der so genannte Zytokin-Sturm (englisch Cytokine-Release-Syndrom, CRS). Dieser plötzliche Anstieg der Immunaktivität kann ohne Gegenmaßnahmen hohes Fieber und niedrigen Blutdruck hervorrufen, schlimmstenfalls sogar zum Tod des Patienten führen.

CAR-T-Zellen mit einer Fernbedienung vorübergehend ausschalten statt zerstören

„In der neuesten Generation der CAR-T-Zellen gibt es so genannte Sicherheitsschalter, mit denen versucht werden kann, die außer Kontrolle geratenen CAR-T-Zellen wieder zu eliminieren, aber dabei wird gleichzeitig auch die Anti-Tumortherapie beendet“, erläutert der Forschungsgruppenleiter Hudecek. Nun hat sein Team zusammen mit Wissenschaftlern der US-amerikanischen Krebsklinik Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSK) aus New York mit dem Wirkstoff Dasatinib einen vergleichsweise einfachen Weg identifiziert, die Aktivität der CAR-T-Zellen mit einer „pharmakologischen Fernbedienung“ zu steuern und vorübergehend auszuschalten, ohne sie dabei zu zerstören. Die ermutigenden Ergebnisse der Studie wurden Anfang Juli dieses Jahres in der US-amerikanischen Fachzeitschrift Science Translational Medicine publiziert.

Erfolge in präklinischen Tumormodellen

Dasatinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der für die Behandlung von Leukämie zugelassen ist. Tyrosinkinasen sind als Enzyme Teil des Rezeptorsystems der CAR-T-Zellen. Das Medikament hemmt diese Enzyme und blockiert damit einen wichtigen Schritt bei der Aktivierung der modifizierten Immunzellen.

„Wir haben die Wirkung von Dasatinib auf die CAR-T-Zellen zunächst sehr sorgfältig im Reagenzglas getestet. Dr. Katrin Mestermann, die Erstautorin der Studie, konnte dabei zeigen, dass es möglich ist, die CAR-T-Zellen aus- und wieder anzuschalten – und zwar ohne die CAR-T-Zellen zu zerstören und ohne die Anti-Tumor-Wirksamkeit in der ‚An-Phase‘ zu beeinträchtigen“, beschreibt Dr. Hudecek.

Unter Verwendung eines von den MSK-Forschern entwickelten CRS-Mausmodells stellten die Forscher fest, dass die Gabe von Dasatinib in der Initialphase des Zytokin-Sturms das Überleben von Mäusen von 25 % auf 70 % steigern kann. Darüber hinaus ist der Effekt auch hier reversibel und beeinträchtigt die langfristige Fähigkeit der CAR-T-Zellen zur Tumorabtötung nicht. „Wenn diese Ergebnisse auch bei Menschen Bestand haben, wird diese Studie einen erheblichen Einfluss auf die CAR-T-Zell-Therapie haben“, sagt Dr. Michel Sadelain, Direktor des Zentrums für Zelltechnologie am MSK und Co-Autor der Studie. Mit Dasatinib könnten CAR-T-Zellen vorübergehend aus- und dann wieder eingeschaltet werden, sobald der Nebeneffekt vorbei ist.

Michael Hudecek, der Hauptautor der Studie, und seine Mitautoren erwarten, dass „die Bewertung und Implementierung von Dasatinib als Kontrollmedikament bei der Immuntherapie mit CAR-T-Zellen sehr gut machbar sein sollten.“

Prof. Dr. Hermann Einsele, der Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW, kommentiert: „Diese in einem sehr hochrangigen Journal publizierte Arbeit belegt erneut das exzellente Forschungsprogramm zu CAR-T-Zellen der Arbeitsgruppe von Privatdozent Dr. Hudecek“.

Literatur:

K. Mestermann, T. Giavridis, J. Weber, J. Rydzek, S. Frenz, T. Nerreter, A. Mades, M. Sadelain, H. Einsele, M. Hudecek, The tyrosine kinase inhibitor dasatinib acts as a pharmacologic on/off switch for CAR-T cells. Sci. Transl. Med. 11, eaau5907 (2019).

 

Link zur Pressemitteilung

Das zugelassene Krebsmedikament Dasatinib hemmt die Aktivierung von CAR-T-Zellen und kann eingesetzt werden, um schwerwiegende Nebenwirkungen der CAR-T-Zelltherapie zu bekämpfen. Bild: Scienseed / Uniklinikum Würzburg

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