Aktuelle Meldungen

Zukunft sichern und Nachwuchs fördern

Martin Fassnacht ist in das Präsidentenamt der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) gewählt worden

Porträt von Martin Fassnacht mit dunklem Hemd und grauem Pullover über den Schultern
Neuer Präsident, neue Impulse: Martin Fassnacht ist gewählter Präsident der DGE. © TR-SFB 205 / UKW

Würzburg. „Die Endokrinologie macht sich oft kleiner, als sie ist“, sagt Prof. Dr. Martin Fassnacht, der den Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) leitet und neuer President-elect der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) ist. Schon als Student habe er immer wieder gehört, es ginge bergab mit dem Fach, in dem die hormonproduzierenden Drüsen im Mittelpunkt stehen. Tatsächlich ist die Endokrinologie eine vergleichsweise kleine internistische Subspezialität. Und es gibt aktuell nur elf Lehrstühle für Endokrinologie und Diabetologie und sogar nur sieben eigenständige Kliniken für das Fach in Deutschland. Die Konsequenzen sind ein potentieller Nachwuchsmangel in der Zukunft und aktuell bereits Versorgungsengpässe in der Betreuung von Patientinnen und Patienten mit sehr langen Wartezeiten. 

Schlüsselgebiet mit wachsender klinischer und gesellschaftlicher Bedeutung

Dabei hat die Endokrinologie in Deutschland eine hohe wissenschaftliche Relevanz mit internationaler Strahlkraft. Und der Bedarf an hoch spezialisierten Endokrinologinnen und Endokrinologen steigt stetig. Denn hormonell bedingte Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas, Schilddrüsenerkrankungen und Osteoporose sowie altersbedingte endokrinologische Multimorbiditäten nehmen zu und erfordern komplexe Behandlungsstrategien. Gleichzeitig kommen neue Herausforderungen wie die Transgender-Medizin, Umwelthormone und ihre Effekte auf Pubertät und Fruchtbarkeit sowie individuelle Hormontherapien, zum Beispiel in den Wechseljahren, hinzu. Fortschritte in der Molekular- und Systemmedizin verlangen zudem fundiertes Spezialwissen. 

„Es hängt vom Nachwuchs ab, ob unser Fach überlebt“

Die Förderung des Nachwuchses liegt Martin Fassnacht daher besonders am Herzen. Diese möchte er auch als DGE-Präsident weiter voranbringen. Am 1. Juli 2025 beginnt seine einjährige Einarbeitungsphase als designierter Präsident, ab dem 1. Juli 2026 ist Fassnacht dann drei Jahre lang offizieller Präsident der DGE. Der Mediziner trat der Fachgesellschaft bereits 1997 als Student bei und begründete zwei Jahre später mit einer weiteren jungen Endokrinologin und einem Endokrinologen in Ausbildung die Nachwuchsinitiative YARE (Young Active Research in Endocrinology), die im Verlauf auch der Vorläufer von EYES (European Young Endocrine Scientists) wurde. Bei YARE steht „jung“ weniger für das Alter, sondern vielmehr für den Karrierebeginn in der Endokrinologie. YARE richtet sich an Studierende, Promovierende, Assistenzärztinnen und -ärzte sowie Postdocs, die neu im Fachgebiet sind. Die Initiative organisiert unter anderem eine eigene Jahrestagung, Sessions im Rahmen des DGE-Kongresses sowie die Mitgestaltung der ESE Summer School. Zudem vergibt YARE Reisestipendien und einen Dissertationspreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. 

„YARE ist jetzt schon sehr aktiv, aber wir müssen die Nachwuchsarbeit noch mehr intensivieren“, meint Fassnacht. „Es ist unsere Aufgabe als Fachgesellschaft, die jungen Leute noch stärker zu fördern, ihnen klinische und wissenschaftliche Mentoren zur Seite zu stellen und sie auch zu motivieren, ihre Forschung zu präsentieren und sich in Gremienarbeit einzubringen. Es hängt vom Nachwuchs ab, ob unser Fach überlebt.“

Mehr Commitment und Berufspolitik

Auch von den etablierten Mitgliedern der DGE wünscht sich Fassnacht künftig mehr Engagement. „Wir haben zahlreiche Arbeitsgruppen, die sich über Input freuen.“ Wenn alle ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen, können wir die DGE noch schlagkräftiger machen. Immerhin ist sie mit rund 1.660 Mitgliedern eine der größten endokrinologischen Fachgesellschaften Europas. Sie vertritt die Interessen all derer, die im Bereich Hormone und Stoffwechsel forschen, lehren oder ärztlich tätig sind. 
Und genau deshalb müsse er sich zwangsläufig mit einem weiteren Feld beschäftigen, das nicht zur Primäraufgabe der eher wissenschaftlich geprägten DGE gehöre. „Wir müssen uns um die Berufspolitik kümmern“, meint Fassnacht und gibt zu: „In der Vergangenheit haben wir zum Beispiel bei der Einführung der Vergütung über Fallpauschalen geschlafen.“ Beim sogenannten DRG-System wird in Krankenhäusern nicht nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet, sondern nach diagnosebezogenen Fallgruppen (Diagnosis Related Groups, kurz DRG). „Der Endokrinologie, in der es wenig apparative Diagnostik gibt und die eindeutig zur ‚sprechende Medizin‘ gehört, sind aber kaum DRGs zugeordnet, es gibt fast nur die Zweiteilung schwere oder leichte Fälle“, so Fassnacht. Hier müsse die Endokrinologie viel differenzierter betrachtet werden, zumal sie aufgrund der vielen komplexen Erkrankungen, die nicht nach Schema F behandelt werden können, sehr personalintensiv ist.

Komplexität spezialisierter Fächer muss in der Krankenhausreform explizit honoriert werden

Die geplante Krankenhausreform will das DRG-System zwar teilweise entschärfen und von einer reinen Fallpauschalen-Logik hin zu mehr Vorhaltefinanzierung übergehen. Das heißt, Kliniken bekommen Geld dafür, dass sie bestimmte Leistungen und Strukturen ständig bereitstellen - und nicht nur, wenn sie viele Behandlungsfälle haben. Das Reformmodell sieht jedoch eine Einstufung in Leistungsgruppen wie Notfallmedizin, Grundversorgung, Geburtshilfe, Chirurgie etc. vor. Es besteht die Gefahr, dass Kliniken aus Kostengründen auf Fächer wie die Endokrinologie verzichten und dann größerer Landstriche keine adäquate endokrinologische Versorgung bieten können. „Die Reform könnte aber auch ein Vorteil für die Endokrinologie sein“, meint Fassnacht. „Wenn die Politik und Kliniken erkennen, dass auch vermeintlich kleine, spezialisierte Fächer ebenfalls strukturrelevante und unverzichtbare Leistungen erbringen, die gezielt abgesichert werden müssen. Und gerade bei der Versorgung der vielen Patientinnen und Patienten mit Diabetes ist dies in Zukunft essentiell. Wenn die Finanzierung nicht gesichert ist, könnte die Versorgung weiter zentralisiert oder sogar abgebaut werden.“ 
Das Gleiche gelte für die Endokrinologie im niedergelassenen Bereich. Das Diagnostizieren und Behandeln von Patientinnen und Patienten mit Hormonstörungen müsse zudem attraktiv bleiben beziehungsweise attraktiver werden. Fassnacht: „Es ist nicht sinnvoll, dass zukünftig immer mehr Menschen mit hormonellen Erkrankungen stationär behandelt werden müssen.“

Schulterschluss mit der European Society of Endocrinology

Last but not least fordert Fassnacht einen noch engeren Schulterschluss mit der Europäischen Gesellschaft für Endokrinologie (European Society of Endocrinology, ESE). „Vieles geht einfach nur im europäischen Kontext“, sagt Fassnacht, der Mitglied verschiedener Gremien nationaler und internationaler endokrinologischer Fachgesellschaften ist. Er war beispielsweise Mitglied im Clinical Committee und im Executive Committee der ESE, ist Gründungsmitglied und war zwischenzeitlich Präsident des European Network for the Study of Adrenal Tumours (ENSAT) sowie Mitglied unterschiedlicher Kommittees der amerikanischen Endocrine Society. „Die DGE ist jedoch meine Heimatfachgesellschaft, und ich freue mich, wenn ich dazu beitragen kann, die Endokrinologie in Deutschland zu stärken.“

Zur Person
Martin Fassnacht wurde 1971 in Ludwigshafen am Rhein geboren. Er studierte Humanmedizin an der Universität des Saarlandes in Homburg/Saar sowie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Bereits in seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit Nebennierentumoren. Zunächst erforschte er deren Zell- und Molekularbiologie, später befasste er sich auch mit der klinischen Versorgung dieser seltenen Krebsart. Von 2003 bis 2005 war er als Postdoktorand an der Duke University in North Carolina (USA) tätig, wo er sich auf immuntherapeutische Ansätze gegen Tumoren des Hormonsystems spezialisierte. Seit 2007 beschäftigte er sich zusätzlich intensiv mit dem Schilddrüsenkarzinom. Nach mehreren Jahren klinischer und experimenteller Arbeit in der Würzburger Endokrinologie wurde er 2012 zum Professor für Endokrinologie an der LMU in München berufen. Zwei Jahre später, im Jahr 2014, kehrte er ans UKW zurück und trat die Nachfolge von Prof. Dr. Bruno Allolio an. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen heute vor allem im Bereich endokriner Tumoren, Erkrankungen der Nebenniere und Hypophyse sowie Adipositas. Er leitete mehrere nationale und internationale Leitliniengremien, war Hauptprüfer mehrerer Phase-II- und -III-Studien zu Nebennierentumoren, ist Autor von mehr als 300 Publikationen und wurde mehrfach für seine wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet. 

Text: KL / Wissenschaftskommunikation
 

Porträt von Martin Fassnacht mit dunklem Hemd und grauem Pullover über den Schultern
Neuer Präsident, neue Impulse: Martin Fassnacht ist gewählter Präsident der DGE. © TR-SFB 205 / UKW

Erster Patient der LION-1-Studie erhält Immunzelltherapie gegen neues Zielmolekül

ROR1-spezifische CAR-T-Zellen gehen am Uniklinikum Würzburg nun erstmals in die klinische Prüfung

Studienteam im Klinikflur mit weißen Kittel und Kasacks
Das Team des neu entstandenen Clinical Trial Center des NCT WERA, das an die Early Clinical Trial Unit (ECTU) angegliedert ist, ist für die aufwendige Durchführung der Studie verantwortlich. Auf dem Bild (v.l.n.r.): Simon Elsner, Dr. Maria-Elisabeth Goebeler, Prof. Dr. Martin Fassnacht, Prof. Dr. Sophia Danhof, Dr. Jessica Peter, Dr. Lukas Scheller, PD Dr. Jochen Frietsch, Anna Krug, Prof. Dr. Hermann Einsele, Sylvia Brand, Martin Kümpel, Prof. Dr. Carmina Fuß. © Christina Borschein / UKW
Zwei Personen mit Reinraumoverall, Maske, Handschuhen etc. im Reinraum
Die klinischen Prüfpräparate für die LION-1-Studie werden im Reinraum am Fraunhofer IZI in Leipzig unter GMP-Standards hergestellt. © Fraunhofer IZI

Würzburg. Im Rahmen der klinischen Phase I-Studie LION-1 wurde der erste Patient mit dem neu entwickelten Medikament behandelt. Bis zu 46 Patientinnen und Patienten erhalten im Verlauf der Studie modifizierte Immunzellen (T-Zellen), die gezielt gegen das Protein ROR1 gerichtet sind, welches bei verschiedenen Krebsarten auf den Tumorzellen vorkommt. So ausgerüstet sollen die T-Zellen die Tumorzellen erkennen und bekämpfen.

Umgesetzt wird die Studie am neu entstandenen Clinical Trial Center des NCT WERA, das an die von Dr. Maria-Elisabeth Goebeler geleitete Early Clinical Trial Unit (ECTU) angegliedert ist. Das Studienteam ist für die aufwändige Durchführung der Studie verantwortlich und koordiniert die beteiligten Fachbereiche, aus denen die Patientinnen und Patienten zugewiesen werden. Studienleiter der LION-1-Studie ist Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II am UKW und Sprecher des NCT WERA.

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) ist eine langfristig angelegte Kooperation zwischen dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), exzellenten Partnern in der Universitätsmedizin und weiteren herausragenden Forschungspartnern an verschiedenen Standorten in Deutschland.

Weltweit erste CAR-T-Zell-Studie bei Nebennierenkarzinom

Bereits im Vorfeld waren dem ersten Patienten körpereigene T-Zellen entnommen worden, die dann im Labor des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig mit dem sogenannten CAR-Rezeptor (chimärer Antigenrezeptor) ausgestattet wurden. Nun startet die Behandlung: Die umprogrammierten Immunzellen werden per Infusion zurück in den Blutkreislauf gebracht. Dort sollen die ROR1-CAR-T-Zellen die Krebszellen erkennen und zerstören. Der Patient ist an einem Nebennierenkarzinom erkrankt und die aktuellen Standardtherapien wurden bereits ausgeschöpft. „Das ist die weltweit erste CAR-T-Zell-Studie bei dieser seltenen bösartigen Entartung der Nebenniere“, beschreibt der behandelnde Endokrinologe Prof. Dr. Martin Fassnacht.

LION-1-Studie soll die Verträglichkeit der Behandlung abstecken

Prof. Dr. Sophia Danhof ist Fachärztin für Innere Medizin und Professorin für Zelluläre Immuntherapie von malignen Erkrankungen. Sie leitet die Behandlung und beschreibt die Erwartungen an die Studie: „Wir wollen wissen, wie der Körper die neue Behandlung verträgt. Welche Nebenwirkungen können auftreten, und welche Dosis ist die richtige? Gleichzeitig hoffen wir auf erste, wenn auch vorsichtige Anzeichen, dass die Therapie wirkt. Das können beispielsweise Rückgänge im Tumorwachstum, eine Verbesserung des Gesundheitszustands oder messbare Reaktionen im Immunsystem sein.“

Innerhalb der Studie werden zwei Patientengruppen untersucht – eine Gruppe mit Patientinnen und Patienten, die an Blutkrebserkrankungen wie Mantelzelllymphom oder chronischer lymphatischer Leukämie leiden, und eine  Gruppe mit Patientinnen und Patienten, die an soliden Tumoren wie Eierstock-, Brust- oder Nebennierenrindenkrebs leiden. Insgesamt sind bis zu 23 Patientinnen und Patienten pro Gruppe geplant. „Um diese Anzahl zu erreichen, werden neben Würzburg weitere Standorte miteinbezogen,“ so Prof. Danhof. Das heißt: Nach den ersten so genannten Sentinel-Teilnehmern für die Dosis-Eskalation werden in den nächsten Schritten die NCT-Standorte Berlin und Köln im Rahmen von LION-1 rekrutieren. Die Standorte Erlangen, Regensburg und Augsburg weisen ihre Patientinnen und Patienten innerhalb der WERA-Allianz Würzburg zu.

ROR1 ist ein vielversprechendes Ziel auch für schwer behandelbare Tumoren

Die Etablierung einer Therapie mit ROR1-CAR-T Zellen wäre ein Meilenstein, da davon auch Krebserkrankte mit soliden Tumoren profitieren könnten. Diese sind mit einer derartigen Immuntherapie bislang kaum behandelbar.

Prof. Michael Hudecek, Sponsorvertreter der Studie, erklärt: „ROR1 ist ein vielversprechendes Ziel, weil es auf vielen Tumorzellen vorkommt, aber selten in gesunden Geweben.“ Das Forschungsteam seines Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie des Uniklinikums hat die ROR1-spezifischen CAR-T-Zellen konstruiert.

Routinierter Partner für die patientenindividuelle Herstellung

Die Herstellung der klinischen Prüfpräparate für die LION-1-Studie erfolgt am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig nach dem pharmazeutischen Standard der Guten Herstellungspraxis (GMP – Good Manufacturing Practice). Das Fraunhofer IZI verfügt über umfassende Erfahrungen mit der Herstellung von CAR-T-Zelltherapeutika und war bereits an der präklinischen Entwicklung der ROR-1-Therapie beteiligt.

In den modernen Reinräumen der Abteilung „GMP Zell- und Gentherapie“ werden zunächst spezifische Immunzellen des Patienten isoliert und angereichert. Anschließend wird die genetische Information für den neuartigen CAR-Rezeptor stabil in das Genom der T-Zellen integriert. Die Zellen werden dann über mehrere Tage hinweg vermehrt. Im Gegensatz zu allen bislang zugelassenen CAR-T-Zelltherapien, kommt dabei die virusfreie Sleeping-Beauty-Transposon-Technologie zum Einsatz.

Nach umfassenden Qualitätsanalysen und der pharmazeutischen Freigabe wird das Präparat zum Prüfstandort zurückgesendet, wo die Behandlung erfolgen kann. Die Herstellung der CAR-T-Zellen für den zweiten Patienten ist bereits abgeschlossen, sodass die Behandlung zeitnah erfolgen kann.

Text: Christina Bornschein / Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie

Mehr zur Studie: Mit LION-1 startet erste NCT WERA-Brückenstudie

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT)
Das NCT ist eine langfristig angelegte Kooperation zwischen dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), exzellenten Partnern in der Universitätsmedizin und weiteren herausragenden Forschungspartnern an verschiedenen Standorten in Deutschland: Berlin, Dresden, Heidelberg, SüdWest (Tübingen-Stuttgart/Ulm), WERA (Würzburg mit den Partnern Erlangen, Regensburg und Augsburg) und West (Essen/Köln). Der NCT Ausbau im Jahr 2023 von den ursprünglich zwei Standorten Heidelberg und Dresden auf sechs Standorte wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs angetrieben und durch die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen unterstützt. Ziel des NCT ist, Innovationen in der Krebsforschung in Deutschland zielgerichtet und schnell in Studien zu überführen, um Krebs nach neuestem Stand der Forschung erfolgreich zu diagnostizieren und unter Beibehaltung einer hohen Lebensqualität zu behandeln. Patientinnen und Patienten sind dabei Forschungspartner auf Augenhöhe.

 

Studienteam im Klinikflur mit weißen Kittel und Kasacks
Das Team des neu entstandenen Clinical Trial Center des NCT WERA, das an die Early Clinical Trial Unit (ECTU) angegliedert ist, ist für die aufwendige Durchführung der Studie verantwortlich. Auf dem Bild (v.l.n.r.): Simon Elsner, Dr. Maria-Elisabeth Goebeler, Prof. Dr. Martin Fassnacht, Prof. Dr. Sophia Danhof, Dr. Jessica Peter, Dr. Lukas Scheller, PD Dr. Jochen Frietsch, Anna Krug, Prof. Dr. Hermann Einsele, Sylvia Brand, Martin Kümpel, Prof. Dr. Carmina Fuß. © Christina Borschein / UKW
Zwei Personen mit Reinraumoverall, Maske, Handschuhen etc. im Reinraum
Die klinischen Prüfpräparate für die LION-1-Studie werden im Reinraum am Fraunhofer IZI in Leipzig unter GMP-Standards hergestellt. © Fraunhofer IZI

Vom Bluthochdruck geheilt

CHIRACIC-Studie zeigt überraschend positive Ergebnisse auf den Blutdruck nach operativer Entfernung eines einseitigen Nebennieren-Zufalltumors mit leicht erhöhter Kortisolproduktion

Die beiden Wissenschaftler posieren vor einer Stellwand beim Kongress der ESPE und ESE mit Logos
Prof. Martin Fassnacht (links) und Prof. Antoine Tabarin präsentierten ihre aktuelle Studie beim Gemeinsamen Kongress der European Society for Paediatric Endocrinology (ESPE) und European Society of Endocrinology (ESE) im Mai 2025 in Kopenhagen. © privat
MRT-Aufnahme eines Nebennierentumors - ein roter Pfeil zeigt auf den Tumor
Das MRT zeigt einen drei Zentimeter großen Nebennierentumor auf der rechten Seite. Drei Prozent der über 50-Jährigen und zehn Prozent der über 80-Jährigen haben Nebennieren-Zufallstumore, die meist bei einer bildgebenden Untersuchung des Bauchraums entdeckt werden. © UKW

Würzburg. Ein Schwerpunkt der Endokrinologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) sind bösartige Tumoren der Nebenniere. Für die Diagnose, Behandlung und Erforschung des seltenen, aber äußerst aggressiven Nebennierenkarzinoms hat sich das UKW als internationales Referenzzentrum etabliert. Bei eindeutig gutartigen Tumoren der Nebenniere ging es jahrelang laut Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter des Würzburger Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie, vor allem darum, die wenigen Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die massiv unter der vom Tumor verursachten Überproduktion bestimmter Hormone leiden. „Diese Krankheitsbilder wie das Cushing- oder Conn-Syndrom oder Phäochromozytome sind aber ebenfalls sehr selten. Bei der Mehrheit der Patientinnen und Patienten mit Nebennierentumoren ging es uns darum, niemanden unnötig krank zu machen", sagt Fassnacht mit Blick auf einen relevanten Anteil der Bevölkerung über 50 Jahre.

Risiken des Nebennieren-Zufallstumors mit erhöhter Kortisol-Produktion

Denn drei Prozent der über 50-Jährigen und zehn Prozent der über 80-Jährigen haben Nebennieren-Zufallstumore, auch Nebennieren-Inzidentalom genannt. Diese Tumoren werden per Definition zufällig bei einer bildgebenden Untersuchung des Bauchraums entdeckt, zum Beispiel bei Gallenbeschwerden, Verdacht auf Nierensteine oder Rückenschmerzen. Weniger als zehn Prozent dieser Nebennieren-Zufallstumore sind bösartig, weitere zehn Prozent führen zu einem starken Hormonüberschuss, die restlichen 80 Prozent wurden lange Zeit zur Gruppe der klinisch hormoninaktiven Tumoren gezählt. „Schon länger war allerdings bekannt, dass fast jeder Zweite aus dieser Gruppe eine leicht erhöhte Produktion des Hormons Kortisol aufweist. Ob dieser leichte Kortisolüberschuss krank macht, war unklar“, berichtet Martin Fassnacht. Der Endokrinologe schätzt, dass circa eine halbe Million Bundesbürgerinnen und Bundesbürger betroffen sein dürften.

Dass diese leicht erhöhte Kortisolproduktion nicht so harmlos ist, wie er einst dachte, zeigte Fassnacht bereits in einer internationalen, multizentrischen Studie, die er 2014 selbst initiierte und deren überraschende Ergebnisse er im Jahr 2022 in der Fachzeitschrift The Lancet Diabetes & Endocrinology publizierte: Bei mehr als 3.500 Betroffenen mit Nebennieren-Inzidentalom war damals eine erhöhte Kortisolausschüttung mit vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert, vor allem bei Frauen unter 65 Jahren. „Seitdem wir das wissen, achten wir natürlich verstärkt auf unsere Patientinnen und Patienten mit gutartigen Nebennierentumoren und prüfen mit dem Dexamethason-Test, ob eine erhöhte Kortisolproduktion und damit ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes vorliegt“, sagt Fassnacht.

CHIRACIC bewertet Auswirkungen der Entfernung des Inzidentaloms auf den Bluthochdruck

Dennoch blieb unklar, ob der Tumor operativ entfernt werden soll oder nicht? Prof. Antoine Tabarin, Leiter der Endokrinologie am Universitätsklinikum Bordeaux in Frankreich, initiierte deshalb die Interventionsstudie CHIRACIC, in der die Auswirkungen der chirurgischen Entfernung des Inzidentaloms auf den Blutdruck untersucht wurde.

Insgesamt wurden 78 Patientinnen und Patienten an 17 Universitätskliniken in Frankreich, Deutschland und Italien rekrutiert, wobei das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) nach Bordeaux das zweitgrößte Studienzentrum war. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer mussten über einen Zeitraum von bis zu knapp zwei Jahren alle vier Wochen an fünf Tagen jeweils dreimal morgens und dreimal abends ihren Blutdruck messen. Vor der Randomisierung, also der Zuteilung zu den Studiengruppen nach dem Zufallsprinzip, wurden alle Teilnehmenden mit standardisierten Medikamenten auf einen „idealen Blutdruck“ von 125 zu 80 eingestellt.
Dabei stellte sich heraus, dass zehn Prozent der Rekrutierten bei den Messungen daheim gar keinen Bluthochdruck hatten. „Die hätten wir völlig unnötig behandelt“, sagt Fassnacht. Das Blutdruckmanagement sei in der methodisch starken Studie ohnehin supergenau und absolut lehrreich gewesen. Insgesamt 52 Personen kamen letztendlich für die Studie in Frage. Die eine Hälfte erhielt eine Nebennierenresektion, die andere weiter die medikamentöse Therapie.

Überraschend eindeutige Ergebnisse im Journal Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht

Die geringe Probandenzahl sei sicherlich eine Schwäche dieser zeitaufwändigen Studie - die „schockierend“ eindeutigen Ergebnisse, die jetzt ebenfalls im Journal The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht wurde, seien aber hoch signifikant und veränderten die Situation grundlegend, so Fassnacht, der auch zu Beginn dieser Studie skeptisch war und entsprechend vom Ergebnis überrascht wurde. „Aber das sind eben die wissenschaftlich interessantesten Studien“, schmunzelt Fassnacht.

Studie hat Sicht auf Krankheit maßgeblich verändert

Im Schnitt führte die Operation dazu, dass die Anzahl der Blutdruckmedikamente von 3 auf 0,8 reduziert werden konnte. Und selbst die Reduktion um ein Medikament sei für einige Betroffene ein Vorteil, zumal der Blutdruck mit zunehmendem Alter automatisch weiter ansteige und mehr Medikamente benötigt würden. Fassnacht, der sich mit Philippe Gosse die Letztautorenschaft teilt, resümiert: „Dass wir in der Studie bei einem relevanten Teil der operierten Patientinnen und Patienten, nämlich bei etwa der Hälfte, für perfekte Blutdruckwerte nun gar keine Medikamente mehr benötigen, gewissermaßen den Blutdruck geheilt haben, hat meine Sicht auf diese Krankheit entscheidend verändert“. Das UKW bietet inzwischen allen Menschen mit gutartigem Nebennierentumor und einer Kortisolüberproduktion zumindest die Operation als potentiell sehr gute Therapieoption an.

Publikation: 
Antoine Tabarin, Stéphanie Espiard, Timo Deutschbein, Laurence Amar, Delphine Vezzossi, Guido Di Dalmazi, Yves Reznik, Jacques Young, Rachel Desailloud, Bernard Goichot, Delphine Drui, Guillaume Assié, Hervé Lefebvre, Knut Mai, Frédéric Castinetti, Sandrine Laboureau, Massimo Terzolo, Amandine Ferriere, Aurore Georget, Eric Frison, Marie-Christine Vantyghem, Martin Fassnacht & Philippe Gosse, and the CHIRACIC Collaborators. Surgery for the treatment of arterial hypertension in patients with unilateral adrenal incidentalomas and mild autonomous cortisol secretion (CHIRACIC): a multicentre open-label superiority randomized controlled trial. The Lancet Diabetes & Endocrinology. Published Online May 12, 2025. doi.org/10.1016/ S2213-8587(25)00062-2

Text: KL / Wissenschaftskommunikation
 

Die beiden Wissenschaftler posieren vor einer Stellwand beim Kongress der ESPE und ESE mit Logos
Prof. Martin Fassnacht (links) und Prof. Antoine Tabarin präsentierten ihre aktuelle Studie beim Gemeinsamen Kongress der European Society for Paediatric Endocrinology (ESPE) und European Society of Endocrinology (ESE) im Mai 2025 in Kopenhagen. © privat
MRT-Aufnahme eines Nebennierentumors - ein roter Pfeil zeigt auf den Tumor
Das MRT zeigt einen drei Zentimeter großen Nebennierentumor auf der rechten Seite. Drei Prozent der über 50-Jährigen und zehn Prozent der über 80-Jährigen haben Nebennieren-Zufallstumore, die meist bei einer bildgebenden Untersuchung des Bauchraums entdeckt werden. © UKW

Martin Fassnacht als „Visiting Professor“ ausgezeichnet

Auf Einladung der Society for Endocrinology (SfE) besuchte der Leiter der Endokrinologie des Uniklinikums Würzburg (UKW) Anfang März fünf Zentren im Vereinigten Königreich und hielt auf dem Jahreskongress der British Endocrine Society einen preisgekrönten Plenarvortrag.

Martin Fassnacht hält auf der Bühne die goldene Medaille in der einen Hand und schüttelt mit der anderen Hand die Hand von Neil Hanley
Prof. Neil Hanley aus Birmignham, Chair der Jury, überreicht Prof. Martin Fassnacht (rechts) den mit 8.000 Euro dotierten „Clinical Endocrinology Journal Foundation Visiting Professor Award“. © SfEBES2025
Porträtfoto von Martin Fassnacht im weißen Kittel
Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter des Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), besuchte als „Visiting Professor“ im März fünf endokrinologische Zentren in Großbritannien und hielt abschließend einen Plenarvortrag auf dem Kongress der British Endocrine Society (SfE BES 2025) in Harrogate. © Daniel Peter / UKW

Würzburg. „Es war eine sehr intensive Zeit, aber auch eine ganz besondere Erfahrung“, sagt Prof. Dr. Martin Fassnacht über seine Tour als „Visiting Professor“ durch das Vereinigte Königreich (UK) vom 1. bis 11. März. Die Society for Endocrinology (SfE) hatte den Leiter des Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) eingeladen, fünf endokrinologische Zentren in Großbritannien - Glasgow, Manchester, Birmingham, Oxford und London - zu besuchen und abschließend einen Plenarvortrag auf dem Kongress der British Endocrine Society (SfE BES 2025) in Harrogate zu halten. Diese Auszeichnung ist zugleich der Hauptpreis der endokrinologischen Fachgesellschaft. Der mit 8.000 Euro dotierte „Clinical Endocrinology Journal Foundation Visiting Professor Award“ wird einmal im Jahr an einen herausragenden ausländischen Endokrinologen verliehen. Eine aktive Bewerbung ist nicht möglich, eine Jury wählt aus.

Kontakte und Kollaborationen 

Neben dem Preisgeld gewann Martin Fassnacht auf seiner Reise viele Kontakte. „Ich habe sehr viele interessante Forscherinnen und Forscher, darunter auch zahlreiche Nachwuchskräfte, neu oder besser kennen gelernt und die Kontakte zu den jeweiligen Zentren ausgebaut“. berichtet Martin Fassnacht. Er ist überzeugt, dass sich aus seinem Besuch das eine oder andere gemeinsame Forschungsprojekt entwickeln wird. An jedem Standort gab es jeweils ein wissenschaftliches Symposium, bei dem Martin Fassnacht einen seiner Vorträge zu unterschiedlichen Aspekten von Nebennierentumoren hielt, den sich die Zentren jeweils auswählen durften. „Zusätzlich gab es Beiträge der lokalen Wissenschaftler und Kliniker sowie anschließend immer auch Gelegenheit zu Gruppen- und Einzelgesprächen, in denen es entweder um die Beratung von Nachwuchswissenschaftlern oder um die Diskussion von Forschungsprojekten ging“, so Fassnacht. 
Der Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie wurde Anfang 2014 zum Professor an der Universität Würzburg ernannt. Seine Forschungsschwerpunkte sind endokrine Tumoren, Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen sowie Adipositas. Er leitete mehrere nationale und internationale Leitliniengremien, war Hauptprüfer mehrerer Phase II und III Studien zu Nebennierentumoren und ist Autor von mehr als 300 Publikationen. 

Plenarvortrag zum Management des Phäochromozytoms und Paraganglioms

In seinem Plenarvortrag beim SfE BES 2025 am 10. März gab Martin Fassnacht ein Update zur Behandlung des Phäochromozytoms und des Paraganglioms. Paragangliome sind Stresshormon-produzierende Tumoren, die im Bauch-, Brust- und Kopf-Hals-Bereich auftreten können. Wenn sie in der Nebenniere entstehen, werden sie Phäochromozytome genannt. Diese Tumoren sind selten, meist gutartig und gut behandelbar. Die bösartigen Tumorvarianten sind dagegen sehr aggressiv. Die mittlere 5-Jahres-Überlebensrate der Patientinnen und Patienten liegt bei 45 Prozent. Eine wirksame Standardtherapie gab es bisher nicht. Doch die FIRST-MAPP-Studie (First International Randomised Study in MAlignant Progressive Phaeochromocytoma and Paraganglioma), die vom Institut Gustave Roussy in Paris und vom UKW organisiert worden war und die im vergangenen Jahr in The Lancet veröffentlicht wurde, lieferte erstmals den Nachweis, dass der Multityrosinkinasehemmer Sunitinib eine wichtige neue Therapieoption darstellt (Pressemeldung vom 23.02.2024). Diese aber auch andere bisher unpublizierte Daten, unter anderem zu Temozolomid, präsentierte Martin Fassnacht vor dem vollen Auditorium in Harrogate. 
 

Martin Fassnacht hält auf der Bühne die goldene Medaille in der einen Hand und schüttelt mit der anderen Hand die Hand von Neil Hanley
Prof. Neil Hanley aus Birmignham, Chair der Jury, überreicht Prof. Martin Fassnacht (rechts) den mit 8.000 Euro dotierten „Clinical Endocrinology Journal Foundation Visiting Professor Award“. © SfEBES2025
Porträtfoto von Martin Fassnacht im weißen Kittel
Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter des Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), besuchte als „Visiting Professor“ im März fünf endokrinologische Zentren in Großbritannien und hielt abschließend einen Plenarvortrag auf dem Kongress der British Endocrine Society (SfE BES 2025) in Harrogate. © Daniel Peter / UKW

100.000 Euro für neue Therapieansätze bei Nebennierenkrebs

DR. BARBARA ALTIERI VOM UKW IM BZKF-YOUNG-SCIENTIST-FELLOWSHIP-PROGRAMM 2025

Im Rahmen des Young-Scientist-Fellowship-Programms fördert das Bayerische Zentrum für Krebsforschung (BZKF) sechs herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den sechs Universitätskliniken in Bayern mit insgesamt 600.000 Euro. Dr. Barbara Altieri, Ärztin und Wissenschaftlerin in der Endokrinologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), erhält 100.000 Euro für ihr Forschungsprojekt „RNA-Splicing und SF3B1-Hemmung zur Modulation des Zellzyklus beim Nebennierenrindenkarzinom“.

 

Barbara Altieri steht im schwarzen Pulli vor einem CCC MF Roll-up, neben ihr Ralf Bargou im weißen Kittel, beide halten die Urkunde in die Kamera.
Professor Dr. Ralf Bargou, Direktor des Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Mitglied im Direktorium des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung, übergibt die Urkunde des BZKF-Young-Scientist-Fellowship-Programms 2025 an Dr. Barbara Altieri. © Annette Popp / UKW

Würzburg. Beim Nebennierenkarzinom, kurz ACC für Adrenocorticales Carzinom, handelt es sich um einen seltenen, hochgradig bösartigen Tumor an einer der paarig angelegten Hormondrüsen an der Niere. Die Behandlung ist eine Herausforderung, da herkömmliche Therapien meist nicht ausreichend wirken. Auch die Diagnose ist schwierig, da der Tumor oft erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt wird, was die Therapie zusätzlich erschwert. Zudem ist die Entstehung des Karzinoms, die so genannte Pathogenese, noch nicht vollständig verstanden. Neben dem Tumor selbst beeinflusst auch die veränderte Hormonausschüttung das Krankheitsbild erheblich, was die Komplexität weiter erhöht und viel Raum für Forschung lässt. In diesem Raum ist Dr. Barbara Altieri seit ihrem Studium in Rom aktiv, um neue Therapieansätze zu finden und die Prognose und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern. 

Spleißen als Ansatzpunkt für mögliche Therapien beim Nebennierenkarzinom

Rückenwind erhält die Medizinerin und Wissenschaftlerin, die seit 2019 das Team der Endokrinologie am Uniklinikum Würzburg verstärkt, nun vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF). Das BZKF fördert einen neuen Forschungsansatz im Rahmen eines Young-Scientist-Fellowship-Programms mit 100.000 Euro. In dem Projekt „RNA-Splicing und SF3B1-Hemmung zur Modulation des Zellzyklus beim Nebennierenrindenkarzinom“ konzentriert sich Barbara Altieri auf den Prozess des Spleißens beim ACC. Als Spleißen (engl. splicing) bezeichnet man einen wichtigen Schritt in der Genexpression, bei dem die Introns, also die nicht codierten Abschnitte der DNA, aus der prä-mRNA (precursor messenger mRNA) entfernt werden, sodass eine translationsfähige mRNA entsteht. Das Spleißen wird vom Spleißosom, einem Ribonukleoprotein-Komplex katalysiert. Bei vielen Krebsarten ist der Spleißvorgang gestört. Dadurch entstehen abnorme Proteine, die das Tumorwachstum fördern oder die Zellen resistent gegen Therapien machen können. 

Pladienolid B blockiert SF3B1 und bringt Tumorzellen zum Stillstand

Eine Schlüsselkomponente im Spleißing-Prozess ist der Splicing Factor 3b Subunit 1 (SF3B1). Das Molekül hilft dem Spleißosom die prä-mRNA zu erkennen und in die reife mRNA umzuwandeln. mRNA steht für Messenger-Ribonukleinsäure. Sie ist der Bauplan für alle möglichen Proteine im Körper und fungiert als Botin, um die genetischen Informationen von der DNA im Zellkern zum Ribosom zu transportieren, das wiederum den Bauplan abliest und das entsprechende Protein herstellt. SF3B1 sorgt dafür, dass die genetische Information korrekt verarbeitet wird. Mutationen in SF3B1 sowie Überexpressionen von SF3B1 können jedoch zu fehlerhaftem Spleißen führen und Krankheiten wie Krebs auslösen.
Substanzen wie Pladienolide B zielen darauf ab, SF3B1 zu hemmen, um den fehlerhaften Spleißvorgang zu unterbrechen, so dass Tumorzellen nicht mehr wachsen oder sich teilen können.

Dieser Ansatz hat sich bereits bei verschiedenen Krebsarten als vielversprechend erwiesen. Die Rolle des Spleißosoms bei Nebennierentumoren ist bisher jedoch kaum erforscht. „Wir wollen die Spleißveränderungen und die Expression von SF3B1 bei ACC untersuchen, um herauszufinden, ob SF3B1 auch bei ACC eine entscheidende Rolle spielt und ein möglicher Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Therapien sein könnte“, sagt Barbara Altieri. Die gebürtige Italienerin wurde für ihre Forschungsarbeiten bereits mehrfach ausgezeichnet (siehe Porträt in der UKW-Serie #WomenInScience) und freut sich sehr über die Unterstützung ihres neuen vielversprechenden Forschungsprojekts durch das BZKF.

BZKF-Young Scientist Fellowships

„Im Young-Scientist-Fellowship-Programm ermutigen wir junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, neue Methoden zur Krebsdiagnostik und -therapie zu entwickeln. Das Würzburger Projekt von Barbara Altieri verfolgt einen innovativen Ansatz, um die Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit seltenem Nebennierenkarzinom zu erweitern“, sagt Professor Dr. Ralf Bargou, Direktor des Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Mitglied im Direktorium des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung.

Das BZKF fördert bereits zum dritten Mal sechs herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den sechs Universitätskliniken in Bayern. Im Rahmen der aktuellen Förderrunde wurden insgesamt 600.000 Euro bereitgestellt. Die Auszeichnung der Stipendiatinnen und Stipendiaten fand am 18. November 2024 in einer virtuellen Ehrung statt. Die sechs BZKF-Young Scientist Fellowships 2025 auf einen Blick:

  • Dr. med. Johanna S. Enke, Universitätsklinikum Augsburg: INSIGHT Melanoma: Korrelation der Immunantwort und des Therapieansprechens bei Melanompatienten, die eine Immuntherapie erhalten, mittels PET/CT-Bildgebung, peripherem Immunstatus und zirkulierenden Tumorbestandteilen Link
  • Dr. Dr. med. Christian Matek, Universitätsklinikum Erlangen: Integration histomorphologischer und räumlich aufgelöstermolekularer Daten mit Hilfe von histologischenBasismodellen der künstlichen Intelligenz Link
  • Dr. med. Philipp Keyl, LMU München: Entwicklung erklärbarer KI-Methoden für die Unterstützung von Diagnostik und Therapie in der personalisierten Krebsmedizin Link
  • Dr. med. Dipl. Biochem. univ. Florian Lüke, Universitätsklinikum Regensburg: BasiqCompass Trial MTB: Prospektive Untersuchung der Therapiefitness für Patientinnen und Patienten im Molekularen Tumorboard Link
  • Dr. med. Carmen Mota Reyes, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: Biomarker-Screening für schwere neurale Invasion beim Pankreaskarzinom zur präzisen Tumorstadienbestimmung und Risikoeinschätzung bei anatomisch resektablen Patienten Link
  • Dr. med. Barbara Altieri, Universitätsklinikum Würzburg: RNA-Splicing und SF3B1-Hemmung zur Modulation des Zellzyklus beim Nebennierenrindenkarzinom Link


Text: Kirstin Linkamp / UKW 

Weitere Sprosse auf der Karriereleiter für Barbara Altieri

Würzburger Endokrinologin erhält renommierten Nachwuchspreis von der Italienischen Gesellschaft für Endokrinologie

Ein Interview mit Dr. Barbra Altieri über die Auszeichnung der Italienischen Gesellschaft für Endokrinologie, ihre Arbeit am UKW und ihre Zukunftspläne.

 

Barbara Altieri am Rednerpult auf dem Kongress der Italienischen Gesellschaft für Endokrinologie in Genua
Dr. Barbara Altieri vom Uniklinikum Würzburg wurde am 28. September 2024 auf dem Kongress der Italienischen Gesellschaft für Endokrinologie in Genua mit dem prestigeträchtigen Preis „Premio SIE Under 40“ ausgezeichnet. ©Segreteria Organizzativa delle IIEM 2024 – Congress Planning
Porträt von Barbara Altieri im weißen Kittel
Dr. Barbara Altieri forscht in der Endokrinologie des Uniklinikums Würzburg hauptsächlich zum Nebennierenkarzinom. Für ihre Arbeiten wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet. © Daniel Peter / UKW

Dr. Barbara Altieri wurde am 28. September 2024 auf dem Kongress der Italienischen Gesellschaft für Endokrinologie in Genua mit dem „Premio SIE Under 40“ ausgezeichnet. Der Preis der Società Italiana di Endocrinologia (SIE) ist mit 5.000 Euro dotiert und wird an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter 40 Jahren vergeben, die herausragende Beiträge auf dem Gebiet der Endokrinologie geleistet haben.

Barbara Altieri forscht seit dem Jahr 2019 in der Endokrinologie und Diabetologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW). Ihr wissenschaftliches Interesse gilt neben endokrinen Tumoren, also Tumoren, die von hormonbildenden Zellen an verschiedenen Stellen im Körper ausgehen können, vor allem Nebennierentumoren und deren Pathogenese. Die 39-jährige Medizinerin hat bereits knapp 100 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und wurde für ihre Forschungsarbeiten mehrfach ausgezeichnet.

Herzlichen Glückwunsch zu dieser Auszeichnung. Was bedeutet der "Premio SIE Under 40" für Sie? 

Der Preis ist eine große Ehre für mich. Er ist zwar nicht hoch dotiert aber mit viel Prestige verbunden. Für meinen Lebenslauf ist der Preis sehr wichtig und eine weitere Sprosse auf der Karriereleiter. Außerdem helfen solche Auszeichnungen dabei, Fördergelder einzuwerben und weitere Projekte zu finanzieren. 

Die Auszeichnung selbst baut stark auf meinem Lebenslauf auf und würdigt mein bisheriges Schaffen: Wie viele Preise habe ich erhalten, wie viele Publikationen habe ich veröffentlicht, wie hoch ist der Impact Factor der Fachzeitschriften, wie oft wurden die Publikationen zitiert, wo war ich Erstautorin oder Letztautorin, wie oft war ich als invited speaker auf Kongressen. 
Die Società Italiana di Endocrinologia hatte mich sogar als Sprecherin nach Genua eingeladen. Kurz danach kam die Nachricht über die Auszeichnung. Also durfte ich im Rahmen der Preisverleihung noch einmal zehn Minuten über mich und meine bisherigen Leistungen sprechen. 

Erst vor wenigen Monaten, im Mai 2024, erhielten Sie in Stockholm einen der begehrten Rising Star Awards des European Journal of Endocrinology (EJE). Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) verlieh Ihnen den Schoeller-Junkmann-Preis und den Anke-Mey-Preis. Die European Society of Endocrinology (ESE) ehrte Sie mit dem ESE Young Investigator. Zahlreiche weitere Preise schmücken Ihre Vita. Was zeichnet Sie und Ihre Arbeit aus? 

Zum einen liebe ich meine Forschung, ich arbeite leidenschaftlich an meinen Themen und investiere sehr viel Zeit in meine Projekte, um stets das Beste zu geben. Zum anderen verdanke ich einen Teil jeder Auszeichnung dem großartigen Team am UKW. Wir ergänzen uns hervorragend und pushen uns immer wieder aufs Neue. Ein besonderer Dank gilt Cristina Ronchi, die mich in meinen ersten Jahren in Würzburg betreut hat und inzwischen in Birmingham arbeitet, und Martin Fassnacht, dem Leiter der Endokrinologie. Er ist einer der größten Experten auf dem Gebiet des Nebennierenkarzinoms und ein großartiger Mentor, sowohl fachlich als auch menschlich. Ich habe sehr viel von ihm gelernt. 

Ihr Forschungsschwerpunkt ist das Nebennierenkarzinom, eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von etwa 1 bis 2 Fällen pro einer Million Menschen pro Jahr. Wie entstand Ihre Leidenschaft für dieses Randgebiet? 

Während meines Studiums in Rom hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit Patientinnen und Patienten mit einem Nebennierenkarzinom, ein hochgradig bösartiger Tumor an einer der paarig an den Nieren gelegenen Hormondrüsen. Entsprechend hoch ist der Leidensdruck der Betroffenen. Sie brauchen viel Zuwendung. Das hat mich sehr bewegt. Deshalb habe ich schon damals alles getan, um die Prognose und die Lebensqualität zumindest ein kleines bisschen zu verbessern. 

Der Kontakt zu den Patientinnen und Patienten ist in Würzburg allerdings weniger geworden, da Sie noch nicht klinisch tätig sind. Vermissen Sie das? 

Ja, schon. Aber ich arbeite daran und lerne fleißig Deutsch. Für die Approbation, also die Zulassung als Ärztin zu praktizieren, brauche ich einen Sprachnachweis auf dem Niveau C1. 
Und die Patientinnen und Patienten stehen nach wie vor über allem und sind Sinn und Zweck meines Tuns. Meine Forschung ist immer auf Translation ausgerichtet, damit die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung zügig in die klinische Forschung und schließlich in die Behandlung einfließen. 

Was ist das Besondere an der Endokrinologie und speziell am Nebennierenkarzinom? 

Beim Nebennierenkarzinom haben wir mit verschiedenen Facetten der Medizin zu tun und arbeiten eng mit Kolleginnen und Kollegen aus der Onkologie, Radiologie, Chirurgie und Psychologie zusammen. Diese Interdisziplinarität gefällt mir sehr. Und man lernt ständig dazu. Aber auch im Team besprechen wir jede einzelne Patientin und jeden einzelnen Patienten. Die Diagnose ist sehr schwierig, weil das Nebennierenkarzinom oft erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Außerdem ist die Pathogenese des Nebennierenkarzinoms noch nicht vollständig verstanden. Warum und wie entsteht das Nebennierenkarzinom? Der Mensch hat nicht nur den Krebs, sondern auch viele andere Symptome, die mit der Hormonausschüttung zusammenhängen. Es gibt also noch viel zu entdecken. 

Durch die Kombination von Einzelzelltechnologien, dem so genannten Single Cell RNA Sequencing, und Transkriptomanalysen, also der Analyse aller Gene, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Zelle abgelesen werden, haben Sie bereits einen umfassenden Zellatlas der gesunden Nebenniere erstellt.

Wir hatten bereits ein recht gutes Bild von der Histologie und Pathologie der Nebenniere, also den spezifischen Funktionen des Gewebes und den krankhaften Veränderungen. Aber wir hatten noch keinen Überblick über die einzelnen Zellen, und die komplizierten molekularen Mechanismen, die der Selbsterneuerung der Nebenniere beim Erwachsenen zugrunde liegen, waren noch kaum aufgeklärt. 
Bei unserer Arbeit, die übrigens ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Max Delbrück Center for Molecular Medicine in Berlin war, haben wir unter anderem zwei neue bisher unbekannte Zelltypen identifiziert. Die eine ist eine Subpopulation von vaskulären endothelialen Zellen, die andere ist ein potenzieller Vorläufer hormonproduzierender Zellen in der Nebennierenrinde. Der Zellatlas gibt auch Einblicke in die molekularen Mechanismen der Tumorentstehung in der Nebennierenrinde und hilft bei der Charakterisierung von Tumorzellen, um neue Targets für eine effiziente Therapie zu finden. 

Sie forschen auch an Medikamenten. Was gibt es da Neues? 

Mitotane ist derzeit das einzige zugelassene Medikament zur Behandlung des Nebennierenkarzinoms. Nach der erfolgreichen ADIUVO-Studie, die das UKW gemeinsam mit der Universität Turin durchgeführt hat, etablierte sich Mitotane weltweit als Standardtherapie zur Rezidivprophylaxe nach operativer Entfernung des Nebennierenkarzinoms. Inzwischen wissen wir, dass bei einem Tumor, der vollständig entfernt werden konnte, der niedriggradig und lokal begrenzt ist und nicht gestreut hat, und bei dem der Zellteilungsmarker Ki-67 unter 10 Prozent liegt, das Rückfallrisiko also gering ist, Mitotane die Rückfallrate nicht signifikant verbessert, dafür aber mit Nebenwirkungen verbunden ist. In meiner Forschung konzentriere ich mich auf die Nebenwirkungen des Medikamentes. Dazu wird es demnächst ein größeres Projekt mit mehr als 600 Patientinnen und Patienten aus 25 Zentren in Europa und den USA geben. 

Wie setzen sie das Preisgeld von 5.000 Euro ein? 

Normalerweise verwende ich Preisgelder für Reisekosten zu Kongressen. Demnächst steht aber ein dreimonatiger Aufenthalt in den USA an. Wir planen mit der University of Michigan ein Projekt zur Pathogenese des Nebennierenkarzinoms. Anders als beim Dickdarmkrebs, wo sich aus einem Polypen ein Adenom und im Laufe der Zeit ein Karzinom entwickeln kann, sieht beim Nebennierentumor ein Adenom, also ein gutartiger Tumor, wie ein Adenom aus und ein Karzinom, ein bösartiger Tumor, wie ein Karzinom. Das sind zwei verschiedene Entitäten. 

Als Vorstandsmitglied des Komitees EYES (ESE Young Endocrinologists & Scientists) sind Sie in der Ausbildung junger Endokrinologinnen und Endokrinologen aktiv. Zudem sind Sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Arbeitsgruppe ACC des European Network for the Study of Adrenal Tumours (ENS@T). Wie wichtig sind Nachwuchsförderung und Vernetzung?

Beides ist enorm wichtig. Nur gemeinsam und im Austausch können wir besser werden. Wir pflegen intensive Kontakte zu verschiedenen Zentren weltweit. Junge Doktorandinnen und Doktoranden kommen aus anderen Ländern zu uns, wir hospitieren bei ihnen. Wir lernen voneinander und arbeiten zusammen. Das schafft gute und fruchtbare Verbindungen. 
Ich selbst bin 2014 als junge Studentin nach Würzburg gekommen. Für mich der ‚place to be‘. Die Endokrinologie, damals noch unter der Leitung von Professor Bruno Allolio, forscht seit über 20 Jahren zum Nebennierenkarzinom und gilt als internationales Referenzzentrum. Später war ich noch für meine europäische Promotion ein Jahr in Würzburg. Und als 2019 eine Stelle frei wurde, habe ich mich als Postdoc beworben.

Wie lebt es sich als Italienerin in Würzburg? 

Die Lebensqualität ist wirklich gut. Die Stadt ist zwar sehr klein, aber dafür ist alles fußläufig oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, und es ist sicher. Ich habe keine Angst, wenn ich früh die Wohnung verlassen muss, um den Zug zum nächsten Kongress zu erwischen. Auch das soziale Leben ist toll. Ich habe viele Freunde, die aus verschiedenen Ländern kommen, aber auch aus verschiedenen Fachbereichen, nicht nur aus der Medizin. Hier in Würzburg habe ich auch meinen Mann kennen gelernt, er kommt aus Norditalien und macht etwas ganz anderes als ich: Er ist Ingenieur. Weniger optimal an Würzburg ist sind die Öffnungszeiten der Geschäfte und Supermärkte. 18 Uhr, bestenfalls 20 Uhr. Das ist hart. Und beim Gemüse, da vermisse ich die Qualität meiner Heimat, wo die Tomaten wie richtige Tomaten schmecken. 

Was sind Ihre weiteren Pläne?

Neben meinen laufenden Projekten bereite ich gerade meine Habilitation vor. In Italien habe ich mich bereits vor einem Jahr habilitiert, in Deutschland steht das noch aus. Und dann muss ich neben der Familienplanung sehen, wo es für mich eine entsprechende Stelle als Privatdozentin oder Professorin gibt. 


Das Interview führte Kirstin Linkamp / UKW
 

Aufgehender Stern in der Endokrinologie

Rising Star Award für Würzburger Endokrinologin Barbara Altieri

Dr. Barbara Altieri vom Uniklinikum Würzburg (UKW) ist eine von 13 herausragenden Endokrinologie-Forschenden aus ganz Europa und den USA, die für die kommenden zwei Jahre in das Editorial Board des renommierten European Journal of Endocrinology (EJE) berufen wurden.

 

Porträtbild Barbara Altieri
Dr. Barbara Altieri ist Endokrinologin am Universitätsklinikum Würzburg und als ausgezeichneter Rising Star für die kommenden zwei Jahre Mitglied im Editorial Board des European Journals of Endocrinology (EJE). © Daniel Peter / UKW
Gruppenbild des EJE Editoria Boards in Stockholm
Beim European Congress of Endocrinology (ECE) in Stockholm fand das erste Treffen des Editorial Boards des renommierten European Journal of Endocrinology (EJE) statt. © European Journal of Endocrinology

Würzburg. Beim diesjährigen European Congress of Endocrinology (ECE), der vom 11. bis 14. Mai 2024 in Stockholm stattfand, wurden die "neuen aufgehende Sterne" in der Endokrinologie gekürt. Einer der begehrten Rising Star Awards des European Journal of Endocrinology (EJE) ging an Dr. Barbara Altieri. Die gebürtige Italienerin arbeitet seit fünf Jahren als Ärztin und Wissenschaftlerin in der Endokrinologie und Diabetologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW). 

Ihr wissenschaftliches Interesse gilt neben endokrinen Tumoren, also Tumoren, die von endokrinen Zellen an verschiedenen Stellen im Körper ausgehen können, vor allem Nebennierentumoren und deren Pathogenese. Die 39-Jährige hat mehr als 85 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und wurde für ihre Forschungsarbeiten mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Schoeller-Junkmann-Preis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) für den weltweit ersten umfassenden Zellatlas der Nebenniere. Der Atlas ermöglicht ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen, die der Tumorentstehung in der Nebennierenrinde zugrunde liegen. Für ihre Erkenntnisse zur molekularen Pathogenese von gutartigen Nebennierentumoren mit Hilfe des Zellatlas erhielt sie bereits den ESE Young Investigator Award.

Rising Star-Programm ebnet herausragenden Forschenden den Weg in die EJE-Redaktion 

Die Ernennung zum „Rising Star“ würdigt nicht nur ihre bisherigen Erfolge, sondern bietet ihr auch die Möglichkeit, sich weiter zu etablieren. Denn der Rising Star Award des EJE, einer Zeitschrift der European Society of Endocrinology (ESE) wird an führende klinische und translationale Forscherinnen und Forscher in der Endokrinologie vergeben, die vielversprechende Leistungen und eine positive Entwicklung zeigen und damit ein hohes Potenzial haben, zukünftige Redakteurinnen und Redakteure des EJE zu werden, so die Begründung der EJE-Redaktion. 
„Barbara Altieri hat definitiv das Potenzial. Wir freuen uns sehr, dass einer der Rising Stars aus unserem Team kommt“, sagt Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter der Endokrinologie am UKW. „Und wir freuen uns für Barbara Altieri. Denn durch die enge Mitarbeit im Editorial Board einer der weltweit besten Zeitschriften für Endokrinologie wird sie viele Einblicke in die Welt des wissenschaftlichen Publizierens erhalten und Kontakte zu interessanten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern knüpfen können.“

Die Auszeichnung umfasst die Mitgliedschaft im EJE Rising Star Reviewer Board für zwei Jahre, ein spezielles Mentoring-Programm für zukünftige EJE-Redakteurinnen und -Redakteure, regelmäßige Beiträge zum EJE Peer Review und die Möglichkeit, eine Rezension und einen Kommentar zu verfassen, sowie ein Reisestipendium für die Teilnahme am European Congress of Endocrinology (ECE) und an den jährlichen Treffen des EJE Editorial Board. 

Als Vorstandsmitglied des EYES (ESE Young Endocrinologists & Scientists) Komitees ist Barbara Altieri bereits in der Ausbildung junger Endokrinologinnen und Endokrinologen aktiv; im September 2023 leitete sie das 10th EYES Annual Meeting in Würzburg. Darüber hinaus ist sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Arbeitsgruppe ACC des European Network for the Study of Adrenal Tumours (ENS@T).

Barbara Altieri: „Ich bin sehr dankbar, dass ich Teil des „EJE Rising Stars Award and Mentorship Programme“ sein darf. Meine Expertise auf dem Gebiet der Endokrinologie und den Nebennieren deckt sich mit dem Zielen des Journals, und ich freue mich sehr über die Möglichkeit, im EJE Editorial Board mitzuarbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass die Einblicke, die ich von erfahrenen EJE-Expertinnen und Experten erhalte, nicht nur meine redaktionellen Fähigkeiten schärfen, sondern auch wesentlich dazu beitragen werden, das Ansehen und den Einfluss des Journals auf diesem Gebiet zu stärken“.
 

Text: Kirstin Linkamp / UKW 

 

Porträtbild Barbara Altieri
Dr. Barbara Altieri ist Endokrinologin am Universitätsklinikum Würzburg und als ausgezeichneter Rising Star für die kommenden zwei Jahre Mitglied im Editorial Board des European Journals of Endocrinology (EJE). © Daniel Peter / UKW
Gruppenbild des EJE Editoria Boards in Stockholm
Beim European Congress of Endocrinology (ECE) in Stockholm fand das erste Treffen des Editorial Boards des renommierten European Journal of Endocrinology (EJE) statt. © European Journal of Endocrinology

Kontakt, Öffnungszeiten, Sprechzeiten

Öffnungszeiten

Sekretariat
Montag bis Donnerstag 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Freitag 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr

Sprechzeiten Endokrinologische Ambulanz
Montag bis Freitag 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr

nur nach telefonischer Vereinbarung

Ärzte-Hotline
Dienstag und Donnerstag 15:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Telefon: +49 931 201-39879

Telefon

Chefsekretariat Prof. Fassnacht

Astrid Danhauser
+49 931 201-39201
danhauser_a@ ukw.de

Sekretariat

Elke Davis
+49 931 201-39200
davis_e@ ukw.de

Cindy Hofmann
+49 931 201-39200
hofmann_c4@ ukw.de

 

Im Notfall
+49 931 201-0

Kontakte

E-Mail
m1_endoamb@ ukw.de

Fax
+49 931 201-6039126

Ärztliches Onlineportal

Anschrift

Medizinische Klinik und Poliklinik I des Universitätsklinikums | Zentrum Innere Medizin (ZIM) |Oberdürrbacher Straße 6 | Haus A3 | 97080 Würzburg | Deutschland